
Text & Fotografie: Klaus Mümpfer
Die menschliche Stimme dient nicht nur der Verständigung. Sie vermag besonders in der Musik Gefühle und Stimmungen auszudrücken. Deshalb steht die Stimme im Mittelpunkt des „Treffpunktes Jazz – Spezial“ in der Mainzer Rheingoldhalle. Dreifach sind es dieses Mal Sänge, um die sich im Duo, Trio und Quartett die musikalischen Partner scharen. Zunächst steht von der Mainzer Musikhochschule der Volkalist Alexander Gelhausen auf der Bühne, der mit dem Pianisten Sebastian Sternal und dem Bassisten Martin Gjakonovski in Songs wie „I can´t give you anything but love“ in die klassische Jazz-Geschichte zurückgeht. Dem Trio folgt der Brite Myles Sanko, der mit seinem Landsmann Tom O´Grady“ am Flügel mitreißende Kompositionen wie „To my Surpise“, „My inspiration“ oder „Forever dreaming“ interpretiert. Mit ausdrucksstarkem und volltönendem Organ beschwört er den Sound der 60er und 70er Jahre herauf, als der Soul so wunderbar leicht und zugleich intensiv klang. Letztlich steht im Scheinwerferlicht als Höhepunkt des Konzertabends der Überflieger des zeitgenössischen Jazzgesangs, Gregory Porter.
Porter verkauft sich routiniert und virtuos mit seinem warmen und runden Bariton als Soul-Sänger, obwohl er von der Phrasierung her stärker dem Jazz zugeordnet werden sollte. Mit seiner unglaublichen Stimme öffnet er ihn auch für Menschen, die mit diesem Genre ansonsten nicht viel anfangen können. Das junge Publikum auf der großen Stehplatzfläche in der Rheingoldhalle belegt, dass er sogar bei Pop-Fans bekannt und beliebt ist. Bei Stücken wie „No love dying“ „Free the spirit“ und anderen Songs seiner jüngsten CD „Liquid Spirit“ klatschen und singen viele der Zuhörer lautstark mit. „Mit Platin-Status zementieren die deutschen Fans den Markt für Porters Songs“, schreibt eine Agentur. Und ausnahmsweise übertreibt sie nicht mit der Behauptung, dass dies von Geschmackssicherheit zeuge.
Es ist eine Spezialität Porters, seine Songs selbst zu schreiben und zu texten. Er schildert dabei das Lebens der einfachen Leute, erinnert beim Konzert in Mainz zugleich an seine große Vorbilder wie Marvin Gaye verweist, auf John Coltrane oder Ella Fitzgerald anspielt. Er scattet in „Free“ und lässt sich in ausgedehnte Ruf-Antwortspiele mit dem expressiven sowie technisch ausgereiften Altsaxophonisten Yosuke Satoh ein. Mit dessen singenden Linien kommt es zuweilen sogar zu kurzen Unisono-Passagen.
Ein gewiss ebenbürtiger Partner Porters ist Pianist Chip Crawford, dessen sperrige Läufe und Blockakkorde mächtig grooven. Dann wiederum kommt es in Balladen zu zarten Single-Note-Intros und Stride-Passagen, bevor Gregory Porter mit seiner Bariton-Stimme das Publikum liebkost und umgarnt. Bassist Aaron James zitiert in einem harmonisch reizvollen Solo das deutsches Kinderlied „Guten Abend, gute Nacht“ und Schlagzeuger Emanuel Harrold, der mit seiner Besenarbeit zunächst wenig Kontur zeigt, geht bei einem ausgedehnten polyrhythmischen Solo aus sich heraus.
Das begeisterte Publikum drängt sich dicht vor der Bühne, wiegt sich im Rhythmus, singt kenntnisreich mit und erklatscht mehrere Zugaben.