Die Big Band Schwäbisch Hall feierte „A Swingin‘ Christmas“

Foto: Kumpf

Text und Fotografien: Hans Kumpf

Evergreens mit Blue Notes und schwarzen Fliegen

2014 war die Hospitalkirche beim Jahresendzeitkonzert der Big Band Schwäbisch Hall proppenvoll. Mehr Platz für Publikum und auch für die Musiker stand im letzten Jahr in der Kulturscheune der Waldorfschule zur Verfügung. Jetzt wieder „A Swingin‘ Christmas“ in der innerstädtischen Hospitalkirche. Das an sich kleine Podium wurde durch mehrere Podeste für das Jazzorchester erweitert, und so manche Zuhörer ergatterten sich wohlweislich schon eine volle Stunde vor offiziellem Veranstaltungsbeginn einen raren Sitzplatz. Etliche Leute verfolgten im Saal oder im Vorraum stehend die knapp zweistündige Darbietung.

Eine Neuerung stach sofort ins Auge. Die swingenden Interpreten männlichen Geschlechts oblagen nämlich einem besonderen Dresscode – schwarze Fliege, weißes Hemd und Smoking, notfalls einfacher Anzug. Pianist und Barockmusik-Liebhaber John Lewis hat ja diese kleidungsmäßige Noblesse mit seinem afroamerikanischen „Modern Jazz Quartet“ vorgemacht. Allenthalben „Blue Notes“ in sehr seriösem Outfit. 

Foto: Kumpf

Mit viel Pomp eröffnete die Big Band unter der nunmehr bewährten Leitung Tobias Scheibecks den Abend. Der Brasilianer Eumir Deodato brachte 1973 die Sinfonische Dichtung „Also sprach Zarathustra“ (op. 30) von Richard Strauss mit viel Jazz-Funk in die Pop-Hitparaden. Für den „vielsaitigen“ Groove sorgte nun nicht nur bei diesem Stück die Rhythmusgruppe mit dem Tieftöner Hans Speidel, der den ganzen Konzertabend knackig Bassgitarre zupfte und seinen behäbigen Kontrabass gar nicht dabei hatte, sowie Holger Lang, der kurzfristig für den erkrankten Gitarristen Stanley McKee eingesprungen war. Neu am elektrischen Keyboard saß Rafael Zeltner, und die beiden Schlagwerker Hendrik Küfner und Mario Finkbeiner harmonierten wieder bestens miteinander.

Bereits bei der zweiten Nummer, „Soupbone“ von John Clayton, stellte sich der Bandleader in dem modernen Swing-Titel als fetzig improvisierender Solist auf der Zugposaune vor. Erstmals mit einem speziellen Solo-Feature wurde heuer der erfahrene Bassposaunist Stephan Bystricky präsentiert. Noch unter seinem Geburtsnamen Stephan Grötsch spielte er Ende Oktober 2008 mit dem Landesjugendjazzorchester Baden-Württemberg in Abu Dhabi am verspätet gefeierten „Tag der Deutschen Einheit“ für Frank-Walter Steinmeier auf, inzwischen ist er als Dozent am Evangelischen Schulzentrum Michelbach/Bilz, das er einst besuchte, tätig. Beim andächtigen Evergreen „Wave“ von Antonio Carlos Jobim stand Grötsch alias Bystricky die ganze Zeit über vorne am Solistenmikrofon, blies mit weichem Ton am Anfang und zum Schluss das Thema und durfte ohne Notenvorschrift sogar etwas improvisieren.

Strahlend und glanzvoll agierte an der Bühnenrampe auch der Trompeter Thomas Wolpert. Da eiferte er gekonnt dem kanadischen Höhenspezialisten Maynard Ferguson nach, welcher die irische Hymne „Londonderry Air“ für sich arrangieren ließ. Schon seit Jahren profilieren sich ja die beiden Saxophonisten Stefan Scheuermann und Fabio Kronmüller als veritable Improvisatoren.  

Scheuermann erhielt von seinen Kollegen ehrvollen Beifall, als er auf seinem Alt bei der Slow-Rock-Ballade „Against All Odds“ des singenden Schlagzeugers Phil Collins gefühlvoll solierte. Sehr schön an sich die – an Gil Evans erinnernde – jazzorchestrale Bearbeitung durch David Stout. Choralartige Klänge verzaubern, und zum Finale greift der Saxophonsatz zu Querflöten und Klarinette.

Als „special guest“ des Konzerts wurde Tanja Gold angekündigt. Die Vokalistin kooperierte bereits mit Scheibecks Großformation bei der freiluftigen Geburtstagsfeier vom „Club Alpha 60“ (50) im Herbst 2016, jetzt also Weltliches und Weihnachtliches im säkularisierten Gotteshaus. Die flexible Mezzosopranistin begann mit Bert Kaempferts liebevoller Buchstabierung „L-O-V-E“ und Shirley Basseys forschem „Big Spender“.

Erst nach der Pause wurden winterliche Weisen zum Christfest angestimmt. Da erflehte Tanja Gold „Let It Snow“ und zelebrierte besinnlich den Allerweltsong „We Wish You A Merry Christmas“. Zum allerletzten Finale – als zweite Zugabe –  kurz und bündig ein Lied (diesmal) ohne Worte: ABBAs musikalische Danksagung „Thank You For The Music“ im Big-Band-Gewand.

An den 16 dargebotenen jazzigen Stücken erfreuten sich Ausführende und Rezipienten gleichermaßen. Immergrüne und runderneuerte Hits der swingenden Art als Weihnachtsgeschenke für die Ohren.

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