Freier Jazz der zarten Art – Anat Fort

Als „Free Jazz“ wird die Musik der Pianistin Anat Fort vielfach vermarktet, doch die Israelin praktiziert Ohrengefälliges, das niemanden schockiert und keinen provoziert. Mit ihrem kosmopolitischen Trio gastierte die 39-Jährige in der Haller Hospitalkirche. Als Veranstalter fungierten wieder der Club Alpha 60 und das städtische Kulturbüro.


Schwäbisch Hall. Weltweite Beachtung fand die am 8. März 1970 bei Tel Aviv geborene Künstlerin, als sie bei dem Münchener Label ECM eine CD zusammen mit den renommierten Amerikanern Perry Robinson (Klarinette), Ed Schuller (Bass) und Paul Motian (Schlagzeug) herausbrachte. Eine feine, filigrane Musik, unüberhörbar orientiert an der Legende Bill Evans und an dem noch lebenden Paul Bley. Vielfach werden Kompositionen und das Tastenspiel von Anat Fort dem Free-Jazz-Genre zugerechnet. Freilich, sie bedient sich nicht ausgeleierter Funktionsharmonik, sondern agiert gerne freitonal, wobei Metrum und Puls stets ein rhythmisch ordnendes Fundament bilden. Das Improvisieren nimmt bei Anat Fort eine dominierende Rolle ein, und hierbei beeindruckt die Lust an Interaktion und Kommunikation mit ihren Partnern.


Gary Wang

In Schwäbisch Hall startete das bereits 1999 in New York gegründete Trio eine ausgedehnte Deutschland- und Österreich-Tour. Eine wahrhaft globale und harmonierende Gruppierung: Mit Anat Fort kooperieren der Kontrabassist Gary Wang, in den USA auf die Welt gekommener Spross chinesischer Einwanderer, sowie der ursprünglich aus Heidelberg stammende und jetzt in Berlin wohnhafte Schlagzeuger Roland Schneider.

Schneider und Wang fügen sich bestens in das Konzept ihrer Bandleaderin ein. Geschmackvoll und elegant zupft im abgerundeten Ton der smarte Gary Wang seinen Kontrabass, und Roland Schneider vollführt zumeist sachte und subtil dezente Besenarbeit – und verkommt auch beim Einsatz der Sticks nicht zum Haudegen.

Anat Forts Stücke, bei denen auskomponierte Parts und variantenreiche Improvisation fast unmerklich ineinander übergehen, bergen zuweilen leichten Spieluhren-Charakter. Lyrismen und Romantizismen allenthalben. Aber auch barocke Linien werden fugativ und kontrapunktisch gespannt, um alsbald im bluesigen und souligen Metier zu landen. Die Tempi sind fast ausnahmslos moderat gehalten. Da überrascht es, dass ihr wiederholt auf Tonträger konserviertes „Lullaby“ ziemlich rasch genommen wird – ein ganz und gar nicht einlullendes Wiegenlied. 

Schön klangmalerisch zeichnete das Trio bei seinem Haller Konzert Kamele in der Wüste: Basssaiten und Schlagzeugbecken wurden allesamt gestrichen, und Anat Fort begab sich handgreiflich in das Innere des Flügels. Nach diesen zirpenden Sounds folgte Melodisches, basierend auf einer orientalische Skala mit den symptomatischen Intervallen von Halbtönen und der kleinen Terz.

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