Text & Fotografie: Klaus Mümpfer
Tilmann Höhn sitzt versunken und konzentriert auf der kleinen Bühne des „Kulturhofes“ im rheinhessischen Bechtolsheim. Im Fingerstyle zupft er die Akkorde und Singlenotes aus den Saiten seiner akustischen Gitarre. Lyrisch und schwebend ist die Melodie. Unverkennbar sind die Latin-Elemente in der Komposition, in der er bald zu ostinaten Melodiekürzeln überleitet. Das fortschreitende Spiel unterlegt mit Loops und erreicht so fast orchestralen Sound erreicht. In seinem percussiven Spiel setzt der Gitarrist Akzente durch extrem hart angerissene Akkorde, dehnt die Töne hin und wieder durch Saitenbending. Höhn, der seine Gastgeberin unter anderem von gemeinsamen Auftritten in der Formation „Night Birds“ kennt, fühlt sich in den unterschiedlichsten Stilen des Jazz, Blues und Folk zuhause. Dem brasilianischen Gitarristen Baden Powell hat er seinen „Song for Baden“ gewidmet, als Saitenspieler prägte er den Sound der Wiesbadener Gruppe „Hotel Bossa Nova“ mit.
Beim Konzert in Diepenbecks Kulturhof gesellt sich zu ihm der Gitarrist und Mitbegründer der Rodgau-Monotones“ Ali Neander. „Ali´s waltz“ präsentiert Neander wie in anderen Stücken mit ziselierten und hell gefärbten Linien als den Melodieführer auf der Gitarre, während Höhn etwas dunkler timbriert mit Flatpicking den gleichberechtigten Rhythmuspart übernimmt. In „Wherever you go“ duellieren sich die beiden Gitarristen im Ruf-Antwort-Spiel.
„Sweet wishes“ erfüllen sich Ali und Tilmann gemeinsam mit dem Gitarristen Kosho, einem der „Söhne Mannheims“, der zu Alis melodischem Spiel und Höhns schneller rhythmischer Begleitung mit der E-Gitarre praktisch die Bassbasis übernimmt. In einer Komposition für „Gitarren-Verrückte“ unterstreichen Höhn und Kosho durch percussives Klopfen mit Handballen und Fingern auf dem Korpus ihrer Instrumente das Thema, über das Neander auf der Gitarre flinkfingrig improvisiert.
„I had the Blues“ singt Koschoreck bei seinem Soloauftritt. Den hat er in der Tat, auch wenn er in der Folge mit sensibler Stimme in „Play a piece of Bach“ seine Gefühle nach einer intensiven Beschäftigung mit dem klassischen Komponisten offenbart.
Im Trio unter der Führung eines pfeifenden Ali Neander wird es dann mit „Hurrah-Musik“ nahezu albern, was das Publikum indessen (ähnlich wie einst in Konzerten von Ulrich Roski“) mit Beifall honoriert. „Ready Guys?“, fragt Neander, bevor er in „Jolly Jumber“ Country-Elemente in die Komposition mischt. Kosho hat inzwischen zur Hawaii-Gitarre gegriffen und entlockt ihr mit dem Steel-Bar wie beim SlideSpiel heulende Glissandi. Melancholisch und mit tastenden Akkordfolgen erklingt „The house next her“, bevor das Trio im Up-Tempo-Spiel dem Zigeuner-Swing und Django-Reinhardt seine Referenz erweist.
In den vehement geforderten Zugaben unterlegt Höhn das Spiel des Trio mit fernöstlichem „Oregon“-Touch und im abschließenden „Prayer“ entlockt Kosho der Hawaii-Gitarre nahezu sakrale Sounds.