Ditzner Lömsch Duo & Haag Schwaller Duo in Worms, November 2009

Die Ironie, in die der Saxophonist / Klarinettist Lömsch Lehmann und der Schlagzeuger Erwin Ditzner ihre waghalsigen Bearbeitungen von Kompositionen eines Duke Ellington, Albert Ayler oder Jimi Hendrix spielen können durchaus als eine persönlich geprägte Stilform interpretiert werden.

Jedenfalls zeugen die Interpretationen in der stilistischen Bandbreite vom Volkslied über Mainstream und Rock bis zum Free Jazz gleichermaßen von Respekt und Selbstbewusstsein. Skurriler Humor zieht sich wie ein roter Faden durch alle Stücke, die das Duo in einem Konzert in der Wormser Musikkneipe „Funzel“ vorstellt. Und dies zeigt sich nicht nur in der Mitwirkung von zwei kleinen Gummischweinchen „Klose“ und „Chantal“, pinkrosa und giftgrün, die unter den rhythmus-kompetenten Händen des Percussionisten Erwin Ditzner präzise in Time auf den Fellen des Drum-Sets hüpfen.

So beginnt auch das Konzert mit der Ermahnung des Klarinettisten Lömsch Lehmann unter Assistenz eine quiekenden „Schwoines“ an das Publikum, absolut ruhig zu bleiben, weil der Opener ein sehr leises Stück sei, das ungeteilte Aufmerksamkeit verdiene. In der Folge bläst Lömsch auf dem Mundstück seiner Klarinette, brabbelt ohne Instrument vor sich hin, bis dann das sein Partner auf dem Schlagzeug, das er zuvor mit einem Fuß abdämpfte, swingend einfällt. Und die Klarinette stimmt eine moll-timbrierte Melodie an.

Musikalische Kontraste und Dynamiksprünge zeichnen ebenso wie Spielwitz die Stücke des Duos Lömsch/Ditzner aus. Ein getragenes und melodiöses Solo auf dem Tenorsaxophon wird in Soundflächen ausgebreitet, zerfasert über einem durchlaufenden Metrum, Lehmann bezieht Klappengeräusche in seine Klangsuche ein, lässt das Instrument überblasen und rau aufschreien. Das Duo steigert sich in eine energetische Free-Explosion um schließlich wieder zu einer volksliedhaft schlichten Melodie zurückzukehren. Linkshänder Ditzner setzt neben frei pulsierenden Passagen stets eine durchlaufende rhythmische Basis, über die er hin und wieder polyrhythmische Schichten legt. Ein paar Marschtakte oder Zitate aus vertraut klingenden Liedern auf Saxophonen und Klarinette fügen sich nahtlos in eine originelle, improvisierte Musik ein, die sich in ihrer Doppelbödigkeit jeglicher Kategorisierung entzieht.

Treibende Grooves paaren sich mit raffinierter Melodiosität, faszinieren in ihrer Widersprüchlichkeit, die dennoch nicht ohne innere Logik ist.

Zuvor hatten sich in dem Funzel-Mini-Jazzfestival der Wormser Gitarrist Thomas Haag und der Schlagzeuger Frank Schwaller im Duo vorgestellt. „Bon voyage“ nennen sie ihr teils akustisches, teils elektronisch verfremdetes Programm, das von swingenden akustischen Latin-Arrangements bis zu experimentellen Soundtüfteleien mit Echos, Hall und Loops reicht. Neben ruhigen, scheinbar schwebenden Gitarren-Passagen und perlenden Single-Note-Läufen sowie federnden Rhythmusgeflechten auf Trommeln oder tänzerischer Leichtfüßigkeit auf der Conga sorgen flirrende Saitenläufe, wabernde Sounds, treibende Grooves auf den Drumms sowie Crescendos der beiden Duo-Partner und extreme Dynamiksprünge für Überraschungen und Spannung. „Sunny Sunday“, „Raumschiff Enterprise“, „Perc und Git“ oder „Dark Clouds“ sind die passenden Titel dieser assoziativen Kompositionen. Während sich im Duo Ditzner und Lömsch zwei gegensätzliche Charaktere aneinander reiben, scheinen sich Haag und Schwaller im Gleichklang zu ergänzen.

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