Er ist 1938 geboren, seit über 40 Jahren auf Jazz-Bühnen aktiv und seine Musik-Karriere brachte ihn schon früh mit Vorbildern wie Bud Powell und Thelonious Monk zusammen. Er war Coltranes Pianist und sein Platz in der „hall of fame“ des Jazz wäre schon unauslöschlich gewesen, wenn er nach „A Love Supreme“ keine einzige Platte mehr eingespielt hätte.
Glücklicherweise war McCoy Tyner aber auch in den rund vierzig Jahren „nach Coltrane“ aktiv und obwohl keine seiner eigenen Veröffentlichungen den Kultstatus der Aufnahmen mit Coltrane erreichte, sind einige seiner CDs bei Jazzkennern herausragende Meilensteine in der Jazzsammlung. „Infinity“ aus dem Jahre 1997 oder auch das aktuelle Album „Illuminations“ sind Beispiele.
In Mannheim, in der mehr als prall gefüllten Feuerwache, war McCoy Tyner mit George Mraz und dem jungen, sehr dynamischen, Schlagzeuger Eric Harland zu hören. Zunächst betreten nur Mraz und Harland die Bühne, ein Mitarbeiter der Feuerwache setzt sich an den Flügel um Mraz einige Töne zum Stimmen des Basses anzuspielen. Dann ist es soweit, McCoy Tyner geht zügig seine drei Schritte vom Bühnenvorhang zum Flügel, lässt den kurzen, stürmischen Applaus gelassen über sich ergehen und beginnt das Konzert.
Fulminant. Einige wuchtige Akkorde, ein rhythmisch spannungsgeladenes Thema weisen den Weg für den Abend: Kein „elder statesman“ der ein altersschwaches Werk in die Ohren der Zuhörer tröpfelt. Was McCoy Tyner mit seiner linken Hand auch heute noch zaubert schafften die meisten jüngeren Pianisten nicht mit vier Händen. Tyner hat vom ersten Ton an sein Trio ebenso wie das Publikum im Griff. Nur wenige Pianisten, machen sich den den Flügel so komplett zu eigen, die siebeneinhalb Oktaven, den kompletten Dynamikumfang – „McCoy Tyner spielt Klavier wie ein ein brüllender Löwe“, so hat es der Jazzkritiker Bill Cole beschrieben.
Variantenreich, mit einem ostinaten Thema im tiefen Register, das er mit seinen rasant-präzis hingepingelten Läufen der rechten Hand, vom höchsten Register perlend herunterstürzend umspielt, unterstützt und akzentuiert – das ist der persönliche Stil von McCoy Tyner. Was für einen Pianisten im Vergleich zu einem Bläser besonders schwierig ist – McCoy Tyner gelingt es seit Jahrzehnten scheinbar leicht: Er hat einen eigenen Personalstil an den Tasten entwickelt. Mit größter Souveränität spielt er sich durch verschiedene Genres des modernen Jazz, die an allen Ecken und Enden die Spuren der Jazz- und Musikgeschichte einflechten von lautstark mitgestampften Stride-Piano, über Blues bis hin zu Passagen bis fast schon impressionistischem Charakter – und über allem dieser Swing, warmwallend und das ganze Konzert durchdringend.
Seine Mitspieler geraten trotz aller Dominanz des Meisters nicht in den Hintergrund. Eric Harland traktiert sein Schlagzeug mit intensiver Kraft. In einem anderen Umfeld wäre das schon zuviel des Guten aber der gewaltig aufspielende Pianist braucht den passenden Widerpart und bei glücklicherweise weiß Harland sich bei Gelegenheit zurückzunehmen.Auch während der Bass-Soli von George Mraz. Der droht gelegentlich zwischen den beiden lautstarken Protagonisten etwas unterzugehen aber er beweist seine Klasse im Zusammenspiel und glänzt in seinen Soloparts mit originellen Einfällen. Schade nur, daß sich das Trio Trio mit zwei kurzen Zugaben nach rund 90 Minuten endgültig verabschiedet. Sie lassen einige hundert Menschen glücklich zurück.