„Der Blues hat keine Farbe“, singt der Gitarrist Manfred Häder, Gründer der Frankfurt City Blues Band, in einer Komposition, die er der Blues-Legende Alexis Korner gewidmet hat. Der Brite mit der unverwechselbaren Stimme und der charismatischen Ausstrahlung hatte einst die „schwarze“ Musik auf der Insel für die weißen Interpreten öffnete. Häder spielte im April 1982 mit Korner zur Jazzwoche im Mainzer „unterhaus“; am 1. Januar 1984 starb der Gitarrist und Sänger. Am Wochenende ehrte ihn das renommierte Lahnsteiner Bluesfestival unter dem Titel „blues britannia“und zeichnete zugleich Bill Wyman aus, den früheren Bassisten der Rolling Stones. Auch sie hatte Korner zunächst auf die Blues-Pfade geführt, bevor sie ins Big Business des Rock wechselten.
“Die Rolling Stones begannen als Blueser“, erinnerte sich der Senior der Rock- und Blues-Impressarios Fritz Rau in seiner Laudatio auf Bill Wyman. 20 Jahre lang hat Rau mit ihm zusammengearbeitet. Seine nachhaltigstes Erlebnis habe er nicht mit einer Frau, sondern mit den Rolling Stones gehabt, gestand Rau und lobte den Bassisten, der nicht nur Blues gespielt, sondern auch über diese Musik geschrieben habe. „He ist he blues“, sagte Rau, bevor er Wyman gerührt umarmte.
Mit seinen „Rhythms Kings“ bewies der Festival-Preisträger dem Publikum in der schon Tage zuvor ausverkauften Lahnsteiner Stadthalle, dass das Lob berechtigt war. Bigband-Sound mit Cajun-Touch präsentierten die „Kings“ in der Abrundung durch ihre beiden Saxophonisten Nick Payne und Frank Mead bei „Johnny be good“, der auf dem Weg „Down in Louisiana close to New Orleans“ war. Stimmgewaltig und soulerfahren intonierte Beverly Skeete „Crying in the rain“ und bei den Zugaben durfte der Stones-Hit „Honky Tonk Woman“ nicht fehlen. Wyman selbst hielt sich solistisch zurück, seine Bass-Grundierung blieb unauffällig, war aber stets präsent, während Albert Lee relaxed und leichtfingrig die schwierigsten Solo-Läufe mit Pedal Steel Licks aus seiner Stringbender Telecaster perlen ließ. Wer jemanden wie Lee in seiner Band hat, darf sich zurückhalten. Südstaaten-Blues färbte auch den Sound, als Pianist Geraint Watkins zum Akkordeon griff. Dieser „Blues-(Rock) Britannia“ besitzt eine Portion Swing, anders als die stampfende Schwere der Big City Chicago.
Was Albert Lee die Reife des Alters erlaubt, machte der erst 19-jährige britische Gitarrist Oli Brown mit Talent, Spielfreude und Ideenreichtum möglich. Im Trio mit dem ebenfalls jungen Bassisten Fredy Hollis und dem Drummer Simon Dring bluest und rockt er stark ohne einschränkende Heavy-Exzesse. Brown pendelt zwischen rockenden Shouts, mitreißenden Glissandi-Läufen, sanften Blues-Akkorden und beseelten Single-Note-Linien, fasziniert mit nahtlosen Double-Time-Eischübenmusikalisch swingt er im Rhythm & Blues Shuffle oder webt mit geschickter Dynamik intensive Balladen. „Played by the devil“ – einer der Titel mag – inhaltlich irreführend sein, beschreibt aber treffend die Spielfreude des Trios. Das Publikum feiert den Senkrechtstarter von der Insel mit „standing ovations.
Eine routinierte, Show ohne Ecken und Kanten lieferte der Pianist Mike Sanchez mit seiner Formation „The Portions“ Big Town Playboys“, der Name einer früheren Sanchez-Formation illustriert besser die Musik des Entertainers am Piano. Dass er dennoch dem Blues nahekam, hat Sanchez seinem Bassisten Nick Whitfiled und dessen Slap-Technik in den Soli vor allem aber den beiden Saxophonisten Martin Winning und Thomas Pospiech mit ihren expressiven Unisono-Passagen zu verdanken.
Anekdoten über ihre Begegnungen mit Korner sowie Stücke, die sich im Ohr festgesetzt haben, lockerten den Memorial-Set der „Lahnstein Blues All Stars“ unter der Leitung des Gitarristen Abi Wallenstein, auf. „Hoochie Coochie“ und „Honky Tonk Woman“ klangen ebenso authentisch wie „Get off my cloud“ – ein Titel, der fast schon eine Erkennungsmelodie des britischen Gitarristen und Pianisten mit der unverwechselbaren rauen Stimme wurde. Leadbelly´s „Good night Irene“ faszinierte als langsamer Blues mit afrikanischen Wurzeln in seiner Mehrstimmigkeit. Es dauerte zwar eine Weile, bis der Funke auf das Publikum übersprang. Dennoch wurden die „Lahnstein Blues All Stars“ mit dem Harp-Spieler Steve Baker, Gitarrist Manfred Häder, Pianist Georg Schröter, Percussionist Martin Röttger und Wallenstein auch dank der Sängerin Inga Rumpf dem Erbe Korners gerecht.