Werner Köhler war den Beatles verfallen. Obwohl der 1954 geborene Musikchef des Südwestrundfunks die Band aus den ausgehenden 50er und den 1960er Jahren nur als Junge kennengelernt haben dürfte, erinnerte er sich beim „ Treffpunkt Jazz“ im überfüllten Frankfurter Hof in Mainz an das Jahr 1964 und seine erste musikalische Begegnung mit den vier Pionieren aus Liverpool. „Ihre Musik war voller Energie und Kraft, aber auch gesättigt mit Wut und Protest“, sagte er an seinem kleinen Tisch im Scheinwerferlicht. Und so erzählte er beim Konzert „The Beatles Jazz Experience“ die Geschichten hinter des Songs von „Hard Day´s Night“ über „And I love her“ bis „Yesterday“ sowie von deren Entstehung.
Es war ein bemerkenswertes Konzert, das die Verantwortlichen ganz den Kompositionen der Beatles widmeten. Die Originale klangen zwar vertraut, doch die Musiker experimentierten dem Motto des Abends entsprechend mit Jazzvariationen der Songs.
Denn: Inzwischen haben berühmte Jazzmusiker wie Herbie Hancock und Brad Mehldau Beatles-Melodien in ihr Repertoire aufgenommen. In Mainz interpretierte eine glänzend aufgelegte Band aus Studenten der Musikhochschule (Instrumentalisten und Vokalisten) die Kompositionen in den Arrangements des Trompeters Frederik Köster, des Pianisten Mehldau, der Rockgruppe „Earth, Wind & Fire“ sowie des Treffpunkt-Initiators Sebastian Sternal. In „Norwegian Wood“ hatte sich gar eine modale Struktur der Miles Davis-Komposition aus dem 1959er-Album „Kind of Blue“ eingeschlichen.
Köhler erzählte von der Namensgebung des Liedes „Hard Day´s Night“, die liebenswerte Story von „Lucy in the sky“ und dem unberechtigten Vorwurf, LSD zu verherrlichen, von den Erinnerungen an die „Penny Lane“ und den vergeblichen Versuchen der Stadt Liverpool, das Straßenschild zu schützen. Der Beatles-Spezialist gab die Anekdote von dem Jungen zum Besten, der den ihm unbekannten Paul McCartney vor dessen Elternhaus ansprach und als Freund des Beatles nach Hause gehen durfte. Im Gespräch mit Sebastian Sternal erfragte Köhler die Faszination, die für den Pianisten von den Beatles ausging: Die berühmte Viererbande aus Liverpool habe sich ebenso wie Jazzmusiker zahlreichen Einflüssen geöffnet.
Caro Trischler sang sensibel und voller Emotionen ihre Songs wie „Eleanor Rigby“ und mit ihrem männlichen Kollegen Louis Grote „Blackbird“. Im Duo mit dem Pianisten Andreas Dittinger interpretierte die Sängerin mit leicht gepresster Kopfstimme ein intimes „Yesterday“, während sie bei den restlichen Songs ihren klaren Gesang und ihre Ausdruckmöglichkeiten unter Beweis stellte. Louis Grote sang teils treibend und stets souverän seine Liedfassungen. Gitarrist Simon Schaefer riss die Gissandi und Läufe aus den Saiten, Bassist Daniel Oster zupfte auf dem großen Instrument trockene Linien und reizvolle harmonische Wendungen. Der stets präsente und stützende Schlagzeuger Max Lüttich wechselte in seinem Solo von der Polyrhythmik zum gradlinigen Beat. Bemerkenswert waren neben dem empfindsamen Spiel Oliver Naumanns zum Gesang vor allem die Unisono-Passagen mit dem Fender Rhodes von Dittinger. Nur schade, dass das gelungene Konzert mit den Erzählungen Köhlers nicht vom SWR aufgezeichnet wurde.
Text und Fotografie von Klaus Mümpfer – Mümpfers Jazznotizen