Der Jazz-Bassist Christian McBride urteilte: „In Horace Silvers Musik war schon immer vertreten, was Jazz-Musiker predigen und das ist Einfachheit. Es ist sehr singbar“. Kein Wunder dass die Frankfurter Pianistin und Sängerin [Stefanie Hoevel Silvers „Peace“ mit einer Intro von Gesang und Keyboard-Spiel besonders eindrucksvoll interpretiert. Die Frau mit der unzähmbaren blonden Mähne verfügt über die kraftvolle und tragende Stimme von großem Umfang, phrasiert sicher im Bebop, klingt mal rauchig wie in „Fly me to the moon“ sowie klar und swingend zu den singenden Läufen des Tenorsaxophonisten Peter Back, der wiederum in vielen Stücke des Abend sein Instrument ekstatisch bläst. Horace Silver ist vielleicht auch deshalb ein guter Aufhänger, weil der Pianist zunächst zum Tenorsaxophon griff und im Blues sowie von der Kap Verde-Herkunft im Latin-Genre zuhause ist.
Als Pianistin lässt Hoevel perlende Läufe aus den Tasten fließen, spielt sperrige Läufe oder kommentiert ein harmonisch reizvolles und mit überraschenden Wendungen gespicktes Solo des Bassisten Jens Loh im Blues „Centerpiece“ mit sparsamen Akkord-Einwürfen. Coleman Hawkins hatte das Stück in den 60er Jahren weltbekannt gemacht. An diesem Abend beim Konzert des Hoevel-Quartetts im Oppenheimer Kulturzentrum „Amtsgerichtskeller“ bläst Back kaum weniger intensiv dieses Saxophon-Solo. Flexibler und rhythmisch sicherer Begleiter ist der Schlagzeuger Axel Pape, der in seinen Soli vielschichtig trommelt, aber auch im Mittelteil des Sergio-Mendez-Stückes „Dreams“ pulsierend die Felle bearbeitet.
Beim schüchtern-romantischen Liebeslied „What a diff´rence a day made“ steht Hoevel mit ihrer modulationsreichen Stimme in der Tradition von Dinah Washington, die den Song berühmt machte. Im Paris des Jahres 1986 interpretierte Stefanie Hoevel den Song „Body and Soul“ und gilt seitdem als „The Voice of Body and Soul“. Jetzt in Oppenheim belegt die Frankfurter Künstlerin, unter anderem mit „Love for sale“, dass sie diesen Titel zu Recht trägt. Hoevel hat jedoch inzwischen zu einer eigenständigen Ausprägung gefunden, interpretiert die Standards, aus denen ihr Programm besteht, im enger Kommunikation mit dem Quartett eigenwillig und stilsicher.
„Sugar ist eines der besten Alben des Saxophonisten Stanley Turrentine und der Titel von Stefanie Hoevels Debut-CD. Beim Oppenheimer Konzert bietet die Komposition den Mitgliedern des Quartetts ausgiebig Gelegenheit für einen Solo-Rundlauf, bei dem sich vor allem Bassist Loh und Schlagzeuger Pape präsentieren dürfen.
Reizvoll wird der Abend im Ambiente des altertümlichen Gewölbes aber auch durch die charmante Moderation der Pianistin. Sie erzählt von ihren musikalischen Abenteuern in der Frankfurter Kaiserstraße, von der Rolle rückwärts des Stevie Wonder beim Konzert in Dortmund und gesteht: „Ich bin nun mal albern. Das ist meine Natur.“ Dass das Publikum sie erst nach einer Zugabe von der Bühne entlässt, wundert nicht.