Abschlusskonzert des SWR New Jazz Meetings in Mainz, 29. November 2015

Pianist Fabian Almazan eröffnet „Nine Years“ mit einigen Verspielten Akkordreihen. Die melodische Interpretation steigert nach einem kurzen Bass-Break die Intensität. Expressiv setzt das Tenorsaxophon ein, fördert die Dynamik. Der Pianist wechselt zu ostinaten Läufen, spielt sich mit Akkordschichtungen frei. Doch selbst in treibenden Tutti bleibt die Musik von „Realm of Possibilities“ transparent, die ätherischen Stimmungen dominant.

Der Bogen ist musikalisch weit gespannt. Er reicht von hingetupften Akkorden und Single Notes über sperrige Akkordblöcke bis hin zum stürmischen Crescendo. Das SWR-New Jazz Meeting 2015 mit einem Sextett unter der Leitung des aus Kuba stammenden Pianisten Fabian Almazan präsentiert beim Abschlusskonzert im Frankfurter Hof in Mainz eine erfrischende Mischung aus lyrischer moderner Kammermusik mit kubanischen Einflüssen und Jazzimprovisationen. Die Formation  baute ihr „Königreich der Möglichkeiten“    in dieser Besetzung bislang noch  nicht auch wenn der Kern der Herrscherfamilie mit dem Pianisten, dem Schlagzeuger Henry Cole und  der Bassistin Linda Oh bereits mit der CD „Rhizome“ eine erfolgreiche Trio-Einspielung vorgelegt hat.  Im Mainzer Konzert präsentierten sie sich in der Zugabe mit „The Overthinker“

Eine Woche lang feilten die sechs Künstler – neben dem Trio – der Gitarrist Ryan Ferreira, die Saxophonistin und Flötistin Anna Webber und der Vibraphonist  Chris Dingman, im Baden-Badener SWR-Studio  an ihren Kompositionen für dieses Meeting und führten das Ergebnis in Abschlusskonzerten vor. „Ich genieße das ganze Spektrum der Emotionen, die die Musiker von der Musik zu bekommen“, sagt Almazan. „Jazz und Klassik sind zwei verschiedene Enden der gleichen Sache“, bringt er seine klassische Ausbildung und den Jazz zusammen.

Sparsam ergänzt Almazan sein virtuoses Klavierspiel mit komplizierten Farben-Synths aus elektronischen Verfremdungen vom Laptop, Loops und flächigem Hintergrund. Dann wiederum rasen seine Finger in Stakkato-Läufen über die Tasten, zerren sperrige Akkorde aus dem Instrument. Drummer Henry Cole, in Puerto Rico geboren wird, kann sowohl die afro-karibischen Rhythmen beim ausgedehnten Solo mit Klöppeln und Händen als auch das jazzige Swing-Gefühl befriedigen. Er ist es, der die Band bei den Ausflügen zum nahezu orgiastischen Höhepunkt vorantreibt. Linda Oh zupft in ihren Soli auf dem Bass kreativ harmonische Linien und wechselt nahtlos in straight wirkende schnelle Läufe.

Oftmals tonangebend bläst Anna Weber ihr Saxophon, mal expressiv und attackierend, dann wiederum bringt sie zart und leicht angeraut die Luftsäule mit Untertönen zum Vibrieren. Ihr singendes Saxophon bestimmt immer wieder die Tonfarbe der Band. Chris Dingman lässt seine vier Klöppel über dem Vibraphon tanzen, steuert melodische und nahezu impressionistische Klangfarben zum Sound der Gruppe bei. Ryan Ferreiras Komposition „251115“ stellt die Gitarre in den Vordergrund, die ansonsten den Basisteppich für andere Instrumente legt.

Coles „Defendiendo“ stimmt der Dummer mit einer gepfiffenen Melodie an, leitet zu einem Bass-Solo über und vermittelt folkloristische Assoziationen. „B happy now“ ist der treffende Titel einer Komposition und gilt auch für ein Konzert, das die Musiker mit sichtlicher Spielfreude präsentieren.

Die musikalische Begegnung von Musikern, die unter normalen Bedingungen nur schwer zu realisieren sind, ist dem Leiter der SWR-Jazzredaktion Günther Huesmann gelungen. Zugute kam ihm, dass alle Künstler der aktuellen New Yorker Improvisationsszene angehören.

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