Die schlechte Nachricht zuerst: Wolfgang Engstfeld, seit Jahrzehnten einer der tonangebenden Saxophonisten Deutschlands, konnte der Einladung der Jazzinitiative Mainz (jim) nicht folgen. Er wurde am Abend vordem geplanten Konzert des Engstfeld/Weiss-Quartetts mit Verdacht auf Herzmuskelentzündung in die Klinik eingeliefert. Doch die gute Nachricht folgte bereits nach den ersten Tönen im Haus der Jugend. Der 41-jährige Tenorsaxophonist Claudius Valk ist ein kompetenter und sensibler Ersatzmann in dieser eingespielten Formation mit dem Schlagzeuger Peter Weiss, dem Pianisten Gendrik Soll und dem Bassisten Christian Raymond. Es liegt wohl auch der musikalischen Verwandtschaft zwischen Engstfeld und Valk, die beide in der Tradition von John Coltrane stehen, im sonoren Balladenton und treibenden Bebop ebenso bestehen wie im freieren Spiel.
„Everything I love“ bietet schon zu Beginn dem Kölner Saxophonisten die Gelegenheit, sich mit geschmeidigem sowie rundem Ton auf dem Tenorsaxophon in fesselnde Bebop-Phrasen zu versenken. Balladesk mit leicht angerautem und sanftem Sound, aber dennoch kraftvoll interpretiert Valk einen Walzer von Hendricks. Lyrisch verspielt begleitet Pianist Soll die Melodielinien des Bläsers, Bassist Ramond variiert und verziert das Thema mit seinem Kontrabass gradlinig und Schlagzeuger Weiss setzt das rhythmische Fundament mit sanften Besenstrichen. Das Quartett bleibt auch in den kraftvolleren Passagen, in denen der Pianist seinen Lauf mit Trillern und Singlenote-Trauben anreichert, stets differenzierend. Das zeigt sich vor allem in den wuchtigen und schnellen Kompositionen, wie Ornette Coleman´s „Alpha“, das Valk mit kurzen Stakkati einleitet, um später in seinem Solo ekstatisch zwischen Hardbop und Free zu pendeln.
Inmitten seines kraftvollen und vielschichtigen Schlagzeugsolos spinnt Weiss den thematischen Faden in einem Zwiegespräch mit dem Bassisten weiter, der wiederum in seinen Improvisationen mit reizvollen harmonischen Wendungen besticht. Getragen, vibratoreich und schwebend ist der Klang des Tenorsaxophon in der Ballade „Rest and go“, „heiß“ und überblasen sind die rasenden Läufe in der Up-Tempo-Komposition „Captain Hook“. Soll wechselt auf dem Piano zwischen romantizierender Liedhaftigkeit in den Balladen und komplexen Blockakkord-Reihen in schnellen Stücken. Bandleader Weiss drängt sich auf dem Schlagzeug nie in den Vordergrund, doch sein präzises und time-sicheres Spiel hält die Musik zusammen. Das Publikum reagiert begeistert.