Text & Fotografie: Klaus Mümpfer
„Someday my Prince will come“ war eigentlich ein Schmachfetzen aus einem Walt Disney-Film, bis die Komposition Miles Davis in die Hände fiel. Er reduzierte auf der gedämpften Trompete das Stück harmonisch sowie melodisch und schrieb damit Jazzgeschichte schrieb. Der Kölner Trompeter Frederik Köster blies sein Instrument in diesem Opener der neuen Mainzer Reihe „Treffpunkt Jazz“ im Frankfurter Hof mit hellem und klarem Ton, während das Trio mit dem Pianisten Sebastian Sternal, dem Bassisten Ralph Cetto und dem Schlagzeuger Hendrik Smock das Spiel swingend sowie straight marschierend unterlegten.
Mit „All Blues“ gelang dem genialen Trompeter Miles Davis der Brückenschlag zwischen modalem Spiel und Blues Das Stück wurde so zu einem der Meilensteine im modernen Jazz. In „My Funny Valentine“ von Richard Rogers traf Köster nach einer tastenden Piano-Einleitung auf faszinierende Weise jenen melancholisch verhangenen Ton, den Davis gebrochen und mit leichtem Vibrato sowie Sounds kultivierte. Köster, Träger des WDR- und des Deutschen Jazzpreises, blies mal mehrstimmig, entkleidete Harmonien bis auf Atemgeräusche, attackierte mit aufgerauten Stakkati oder stieg mit Aufschrei in die High-Note-Lagen. Sternal pendelte auf dem Flügel zwischen swingenden, verspielten Melodien und tastenden Single Notes, zwischen Akkordreihen und sperrigen Monk-Läufen wie im up-tempo gespielten „Milestones“, zu dessen Stakkato-Läufen auf der Trompete der Schlagzeuger ein Drumsolo beisteuerte. Cetto zupfte harmonisch reizvolle Soli mit überraschenden Wendungen und Smock setzte auf dem Schlagzeug kraftvolle Akzente oder streichelte sensibel die Felle der Trommeln. Eine spätere „Milestones“-Fassung präsentierte das Quartett mit ostinaten Melodiefragmenten auf dem Flügel und Thema-Variationen auf der Trompete.
Unter dem Titel „We want Miles“ zeichnete Sternal, der Initiator der Jazzreihe, das Leben des 1991 verstorbenen Jazzmusikers nach. In seiner unterhaltsamen wie lehrreichen Moderation erläuterte der Jazz-Professor die stilistische Entwicklung der Trompeten-Legende: den Bebop, die „coole Zeit“ unter Gil Evans, den Sprung ins modale Spiel. Alexander Gelhausen las in klug ausgewählten Passagen aus der Miles Davis-Autobiografie vom Aufstieg des jungen Trompeters, seiner Liebe zu der französischen Sängerin Juliette Greco, von der die ersten Drogenanhängigkeit und seinen Erfahrungen als weltberühmter sowie hoch bezahlter Star in der Jazz-Szene.
Das Publikum im überfüllten Frankfurter Hof lauschte ergriffen den Texten und konzentriert der Musik des Quartetts mit seinen sensiblen Interaktionen und dem traumhaft sicheren Zusammenspiel. Die Musiker spielten im Saal inmitten des Publikums. Dies schuf intime Club-Atmosphäre, förderte den Kontakt zwischen Künstlern und Zuhörern. Den reichen Applaus belohnte das Quartett mit Kurt Weills „My Ship“ im Arrangement von Gil Evans.
Um der Sternal-Formel „Musik + spannende Hintergrundinformationen + Jam-Session gerecht zu werden, jazzten nach dem Konzept-Konzert Studierende der Hochschule für Musik mit ad hoc zusammen gestellten Bands und Sängerin.
Die Mainzer Kulturdezernentin Marianne zeigte sich beglückt von dem unerwartet großen Zuspruch der neuen Jazzreihe, die auf Initiative von Professor Sternal sowie in der Kooperation von Universität, Stadt und Frankfurter Hof bereits beim ersten Konzert so großen und begeisternden Erfolg verbuchen konnte.
Die Reihe „Treffpunkt Jazz“ wird am 29. Mai mit dem Konzert „Tribute to Ella & Louis“ mit Vokalisten der Musikhochschue und Jazz-Trio sowie am 30 Juni mit dem „Movie Classics“ fortgeführt. Dann wird ein Streichquartett das Jazz-Trio ergänzen.