Text & Fotografie: Klaus Mümpfer
„Body and soul“ von John W. Green ist der wohl am meisten gecoverte Jazz-Standard. Sein abrupter Tonartwechsel im Mittelteil von Dur und Moll, sein sehr gemäßigtes Tempo und die romantische Stimmung haben beispielsweise den Tenorsaxophonisten Coleman Hawkins beflügelt. In Deutschland wurde die Kompositionen beim ersten Deutschen Jazzfestivals 1953 von einer Bigband gespielt, der unter anderem der Pianist Paul Kuhn angehörte. Der Saxophonist Peter Weniger hat später „Body and soul“ oft mit Kuhn im Duo gespielt. Was lag also näher, als bei einem „Treffpunkt Jazz: Remembering Paul Kuhn“ ihn diese Ballade mit dem Pianisten Sebastian Sternal interpretieren zu lassen.
Bassist Martin Gjakonovski und Schlagzeuger Willy Ketzer, langjährige Mitglieder des Paul Kuhn-Trios kommentierten das Duo begeistert und nahmen sich gemeinsam mit Sternal und Weniger danach „Route 66“ und „Oh Lady be good“ mit der ostinaten Piano-Einleitung, dem sensiblen Tenorsaxophon-Solo und dem bestechenden Duo von Bass und Schlagzeug vor. Gjakonovski faszinierte in den Soli mit raffinierten und kreativen Bass-Linien, Ketzer mit dynamischem und vielschichtigem Drum-Spiel. Es sind jene berühmten Songs, in denen der Moderator des Abends, Alexander Gelhausen, zusätzlich mit sensibler und genregerechter Phrasierung sang und scattete.
Gewiss, Sternal (der gerade mit dem Neuen Deutschen Jazzpreis ausgezeichnet wurde) ist jünger und expressiver als Paul Kuhn, dessen Spiel von Ketzer und Gjanokovski als abgeklärt und reif charakterisiert wurde. Doch diese Eigenständigkeit darf kein Qualitätsurteil sein. Dies gilt auch für das junge Quartett von Studenten der Musikhochschule Mainz, das an diesem Abend Kompositionen wie „It´s wonderful“ und „Almost the Blues“ interpretierte, die Paul Kuhn auf seine unvergleichlich Weise spielte und sang. „Gut gespielt Jungs“, meinte Ketzer spontan nach dem Spiel von Trompeter Marko Mebus, Pianist Lukas Moriz, Bassist Bastian Weinig und Schlagzeuger Max Jentzen. Gjakonovski ergänzte: „Wir haben es zwar schneller gespielt. Aber so hätte es Miles Davis angegangen“.
Ein Besucher des Konzertes aus Stuttgart fand der Abend zu „textlastig“ und hätte sich mehr Musik gewünscht. Immerhin hatte Kuhn nach Aussagen Ketzers „mehr als eintausend Kompositionen auswendig spielen und singen können“ Doch es war Absicht der Initiatoren, in Gesprächen mit den „Zeitzeugen“ Weniger, Ketzer und Gjakonovski der im vergangenen Jahr verstorbenen Jazz-Legende Kuhn näher zu kommen. Schlagzeuger Ketzer, der 33 Jahre mit Kuhn spielte, brachte es auf den Punkt: „Er war auch privat einfach mein Freund.“ „Paulchen hat keine Trennung zwischen Jazz und Schlager gesehen. Er war in Beidem perfekt.“ In den 33 Jahren der Gemeinsamkeit habe es nie ein böses Wort gegeben, betonte Ketzer und lobte: „Er war ruhig und ausgeglichen, ein total zivilisierter und seriöser Mensch.“
Dem Gesprächskonzert im Frankfurter Hof schloss sich – wie bei den Veranstaltungen der Reihe „Treffpunkt Jazz“ üblich, eine Jam-Session der Studierenden unter der Leitung von Peter Weniger an.