Die SWR Big Band jazzte unterhaltsam in Halls Kulturscheune

SWR Bigband Trio Foto: Hans Kumpf
Text und Photos: Hans Kumpf

Den edlen Swing-Monarchen gehuldigt

Traditionellen Jazz auf überaus unterhaltsame Art mit dem Amerikaner Pierre Paquette als gutgelauntem Entertainer an der Klarinette bot das in Stuttgart angesiedelte Jazzorchester des Südwestrundfunks in der Haller Kulturscheune. Beim Programm „Kings of Swing“ stach vokalistisch Fola Dada heraus.

Am 1. April 1951 begann Erwin Lehn (1919-2010) in Stuttgart mit seinem so genannten „Südfunk-Tanzorchester“. Schnell erntete der „German Jazz Hurricane“ weltweit höchste Anerkennung, bei Sonntagsmatineen im Mai und bei den „Wochen der Leichten“ Musik profilierte sich die Radio-Band mit ambitionierter Musik. Inzwischen konzentriert sich die von den beiden Trompetern Rudi Reindl und Karl Farrent geschäftsführend geleitete „SWR Big Band“ auf den alten Swing-Stil, vielfache gemeinsame Performances mit Paul Kuhn, Max Greger und Hugo Strasser verliefen sehr erfolgreich.

Einen Nur-Dirigenten wie Erwin Lehn (1919-2010) hat das Großensemble nicht mehr, meist gibt der Pianist Klaus Wagenleiter die Einsätze. Bei der aktuellen Produktion „Kings of Swing“ übernahm der reguläre Baritonsaxophonist Pierre Paquette die Leitung und dieser macht mit der Klarinette den Benny Goodman, freilich etwas rauer als der unbestrittene „King of Swing“ seinerzeit. Außerdem betätigte sich der in Boston geborenen Amerikaner als charmant schwärmerischer Ansager und – etwas intonationsgeschwächt – als baritonaler Sänger. In den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts fand der temperamentvolle Swing-Stil ja mehr in den Tanzhallen als in Konzertsälen ein Zuhause. Und so animierte Paquette auch das begeisterte Publikum in der gut gefüllten Kulturscheune der Haller Waldorfschule explizit zum bewegten Mitmachen. Die Instrumentalisten der 18-köpfigen Big Band, die im Gegensatz zu den beiden zur Fusion verdammten SWR-Sinfonieorchestern völlig frauenlos war und ist, betätigten sich mit Super-Spaß mehrmals als korrespondierender Männerchor.

Furios stießen die drei „internationale“ Trompeter Karl Farrent, Nemanja Jovanovic und Felice Civitareale bei ihren heißen Soli in die Hörner. Da lebte Harry James als einer der „Kings of Swing“ fulminant auf. Freilich: Nahezu alle Bandmitglieder sind gewiefte Improvisatoren, die nicht bloß plagiieren, sondern in ihren kreativen Beiträgen stets ihre künstlerische Individualität wahren. So kopierte Matthias Erlewein, der den Altsaxophonisten Professor Klaus Graf vertrat, bei Duke Ellingtons Ballade „Satin Doll“ bewusst nicht die aalglatt glissandierende Spielweise des legendären Johnny Hodges. Vielmehr entwickelte Erlewein engagiert einen recht kernigen Sound.

Habhaft ging auch der versierte Posaunist Ernst Hutter bei seinen Soloimprovisationen hervor – ansonsten führt dieser nach Ernst Mosch die Egerländer Musikanten an. Bei einem halben Dutzend der insgesamt 22 Nummern wirkte eine Frau mit: Fola Dada. Die talentierte Tochter eines Nigerianers und einer Schwäbin betätigt sich in der zeitgenössischen Kulturszene Baden-Württembergs allroundmäßig, jetzt also auch an der Front eines veritablen Jazzorchesters. Da intonierte sie mit ihrem sonorem Mezzosopran beispielsweise beswingt Ella Fitzgeralds Hit „A Tisket a Tasket“, allerdings ohne vitale Scat-Improvisation und nicht so burschikos-mädchenhaft von der einmaligen „First Lady of Jazz“ praktiziert.

Fola Dada Foto Kumpf

Beim Thema „Swing-Monarchen“ durfte – neben Count Basie und Tommy Dorsey – natürlich Glenn Miller nicht fehlen. Die Story des Posaunisten kennt man in Schwäbisch Hall durch die vielen Revue-Aufführungen der Freilichtspiele auf den 53 steinigen Stufen der Treppe ja bestens. Als letzte Zugabe erfolgte dessen Nummer „In the Mood“. Zuvor ging man in der Jazzhistorie tolerant stilistisch etwas weiter zurück, als ein Bläserquartett (Klarinettist Pierre Paquette, Posaunist Ian Cumming, Trompeter Karl Farrent, Tenorsaxophonist Andreas Maile) kollektiv polyphon verästelt im New-Orleans-Stil improvisierte. Louis „Satchmo“ Armstrong wurde von den SWR-Jazzern ohnehin als ein König des Swing vereinnahmt. Seine Gesangsnummer „What a Wonderful World“ geriet zu Zeiten des Vietnamkrieges zu einem Kassenschlager, bei der aktuellen Ukraine-Russland-Krim-Krise intonierte nun Fola Dada gegen Konzertende den wehmütigen Song in einem sorgfältigen Arrangement des aus Steinheim an der Murr stammenden Trompeters Ralf Hesse.

Weitere Stationen der in Schwäbisch Hall gestarteten Tournee „Kings of Swing“ sind u.a. am 28. März in Öhringen (Kultura) und am 10. April in Bad Mergentheim (Wandelhalle). Das Finale findet am 12. April 2014 im Hegelsaal der Stuttgarter Liederhalle statt.

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