Tommy Emmanuel und Michael Fix in Nieder-Olm (4.11.2014)

Fix - Emmanuel - Photo: Mümpfer

Text & Fotografie: Klaus Mümpfer 

Es war der Übergang vom 18. Zum 19. Jahrhundert, der den Beginn des klassischen Fingerstyle-Spiel auf der Gitarre kennzeichnete. Wieviel sich seitdem getan hat, beweist seit Jahren der australische Saiten-Virtuose Tommy Emmanuel. Chet Atkins ehrte ihn mit dem Titel „Certified guitar player“, „Slowhand“ Eric Clapton nannte ihn den „besten Gitarristen, den er je gehört habe. Kein Wunder also, dass selten so viele Gitarristen in ein Konzert kommen wie beim Soloauftritt des Fingerstyle-Idols Emmanuel in der Nieder-Olmer Ludwig-Eckes-Halle. Der 59-jährige ist ein Hochgeschwindigkeits-Spieler, der das Publikum fasziniert. Das Auge vermag kaum der Basshand zu folgen, wenn Emmanuel seine Up-Tempo-Stücke zupft und schlägt. Ob Eigenkomposition oder Coverversion: Emmanuels Spiel ist immer brillant und konfrontiert den Zuhörer mit zahllosen unterschiedlichen Stilen und Stimmungen: von tiefer Melancholie bis hin zu euphorischer Lebensfreude.

Er habe seine Komposition „Tall Fiddler“ dem Musiker Byron Berlin gewidmet, erzählt er gut gelaunt den zahlreichen Zuhörern. Wenn er dann nach der atemberaubend rasanten Interpretation das Stück auseinander nimmt, die einzelnen Phasen der rechten Schlag-, Bass- und Rhythmushand sowie die kurzen Phrasen oder Licks mit der linken Melodiehand, samt Saitenbending und Glissando vorführt, um die Gitarristen im Publikum aufzufordern, nach dem Konzert ihre Instrumente auszupacken und zu üben, dann geschieht dies ohne jegliche Arroganz. Es ist das schiere Selbstbewusstsein des Meisters, das diese Stern- und Lehrstunde diktiert. Staunend und fasziniert verfolgen die „Jünger“ die Entwicklung der rasenden Fingerpicking-Läufe Emmanuels auf der Gitarre, deren geschundenem Korpus man die Percussionstechniken des Eigentümers – wie bei „Tom´s Drums“ – ansieht.

Ob er nun die „Sixteen Tons“, den up tempo gespielten „Guitar Boogie“ von Arthur Smith, die Eigenkompositionen „Angelina“ und „Endless road“ oder das filigrane und sanft gezupfte „“What a wonderful World“ interpretiert, das Spiel mit präzisem Timing, dem sparsamem Einsatz von Hall- und Echogeräten, klingt stets so, als stünden gleich mehrere Gitarristen auf der Bühne. Emmanuel kann innerhalb eines Titels bis zu drei Parts gleichzeitig spielen. Dabei nutzt der den Daumen der rechten Schlaghand mit dem Plektrum für einen Basslauf, Zeige- und  Mittelfinger zur Rhythmusführung sowie den Ringfinger und zuweilen den kleinen Finger für die Melodie. Grundlage seines Spiels scheint die völlige Unabhängigkeit des Daumens von den anderen vier Fingern zu sein. In den sanften und ziselierten Liedern verzichtet Emmanuel auf Plektren und zupft allein mit den Fingern, um die Akkorde weicher und wärmer klingen zu lassen.

„Ich bin zum ersten Mal in Nieder-Om – anyway“, sagt Emmanuel und das  begeisterte Publikum bejubelt dieses Bekenntnis ebenso frenetisch wie jede Improvisation dieses außergewöhnlichen Konzertes.

Vor dem charismatischen Tommy Emmanuel steht ebenfalls aus Australien der Fingerstyle-Gitarrist Michael Fix auf der Bühne. Sein Picking ist nahezu makellos, sein Feeling für Melodie und Rhythmus gleichermaßen bewundernswert. Auch Fix liebt das percussive Spiel, ganz gleich, ob er nun afrikanische Rhythmen zupft, „Blackbirds“ von den Beatles spielt oder Johann Sebastian Bachs „Toccata und Fuge“ verfremdet. Interessant ist der Vergleich mit Bill Frisell, dessen Version von Pipeline“ am Abend eine frappante Ähnlichkeit mit der Fix-Interpretation des gleichen Stückes in diesem Konzert aufweist.  

Zum Abschluss des Konzertes interpretieren Emmanuel und Fix im Duo Gassenhauer wie „Something“ von den britischen „Fab Four“. Das euphorische Publikum erzwingt mehrere Zugaben, denen der kommunikative Emmanuel gerne nachkommt.

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner