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Konstanz/Weikersheim. Gleich nach Ostern ging es in der Musikalischen Bildungsstätte Weikersheim (Main-Tauber-Kreis) mit frommen Tönen und vielen „bluenotes“ weiter. Erstmals kooperierten zwei baden-württembergische Elite-Ensembles, die auf afroamerikanische Musik ausgerichtet sind, miteinander. Dies sind das Landesjugendjazzorchester unter der Leitung von Professor Bernd Konrad (Konstanz)und der von Jörg (alias „York“)Sommer angeführte Landesjugendgospelchor namens Gospelicious.
Als gemeinsames Projekt hatte man sich ein Gospel-Oratorium des Schweizer Saxophonisten und Komponisten Fritz Renold (52) vorgenommen. Renold musizierte bereits vor über einem Jahrzehnt mit seinem deutschen Instrumentalkollegen Konrad zusammen und hatte dessen Jugendjazzorchester schon im Jahre 2001 bei seinem „Jazzaar Festival“ zu Gast. 2007 fand bei dieser Festivität im nordschweizerischen Kanton Aargau die Uraufführung von „The New Song“, gestaltet von Künstlern aus Europa und den USA, statt. Renolds Ehefrau Helen Savari-Renold hatte nach der neutestamentarischen „Offenbarung des Johannes“ die englischsprachigen Texte verfasst, die beiden Amerikaner Adi Yeshaya und Barrie Lee Hall Jr. halfen bei der Feinarbeit der Arrangements aus. „Die Uraufführung erhielt eine 45-minütige Standing Ovation, die Presse war begeistert“, erinnert sich Renold.
Nun also das mehr als eineinhalb Stunden dauernde apokalyptische Opus in ganz anderer und junger Besetzung. „Wir haben keine Überarbeitung gemacht“, erläuterte der Eidgenosse, „allfällige Abweichungen wären nur interpretatorischer Natur“.
Dem pflichtete Professor Bernd Konrad, der die über 70 Sänger und Instrumentalisten dirigierte, ausdrücklich bereits Ende Januar bei und erwartete jazzgemäß kreative Prozesse: „Das Stück ist zwar keine Uraufführung, aber es klingt trotzdem immer frisch und neu, weil sehr viele Möglichkeiten in der Improvisation noch drin sind.“ Nach einer instrumentalen Ouvertüre bringen dreizehn Songs die weite Bandbreite moderner Bigband- und Gospelmusik zur Geltung, hier und dort eingefärbt durch Einflüsse aus Blues sowie afrikanischer als auch südamerikanischer und orientalischer Musik.
Jedes Mal klingt dieses Werk anders. Wahrhaft „einmalige“Konzertemit rasant aufspielenden Instrumentalisten und hochemotional agierenden Sängern ereigneten sich Mitte April zunächst in Weikersheim und dann in Nürtingen. Damit feierte der in Karlsruhe residierende Landesmusikrat Baden-Württemberg mit der projektbezogenen Kooperation dieser beiden jugendlichen Klangkörper eine glanzvolle Premiere, auf die er stolz sein darf.
Professor Bernd Konrad konnte 2011 pompös den 30. Geburtstag „seines“ Landesjugendjazzorchesters feiern. Am 20. Juli wird der Konstanzer selbst 65 – und muss als Professor an der Stuttgarter Musikhochschule in Pension gehen. Doch dem swingenden Elite-Nachwuchs möchte Bernd Konrad noch lange erhalten bleiben. „Gesundheitlich fühle ich mich fit“, erklärt der nimmermüde Jazzer.