Solokonzert Wolfgang Dauner im Frankfurter Hof in Mainz, 16. Januar 2004

Wolfgang Dauner kann es sich erlauben, die Einleitung zu seinen Improvisationen über Gershwins „The Man I Love“ nahezu notengetreu zu gestalten. Da fällt der Vergleich zu seinen harmonischen Abschweifungen und rhythmischen Variationen leichter. Es schadet Dauner auch nicht, dass er zu Beginn seines Solo-Konzertes  im Frankfurter Hof eine seiner frühen Kompositionen, die „Drachenburg für R.“ neu auflegt, denn gerade dies ist charakteristisch für den Stuttgarter Jazzmusiker, dass er sich treu geblieben ist, seinen Stil nicht modischen Strömungen anpasst und dennoch über Jahrzehnte hinweg immer wieder neue Einsichten in seine Kompositionen gewährt.

Freier, aber doch immer dem Original verpflichtet, improvisiert der inzwischen 68-jährige, musikalisch jung gebliebene Pianist über Gershwins Themen aus „Porgy and Bess“ sowie über drei Präluden des amerikanischen Komponisten. Die „Preludes for piano“ spielt Dauner mit dem etwas zurückgenommenem Drive und jenem leicht hölzern wirkendem Swing, der dem Komponisten zu Eigen ist. So wird er, der in seinen eigenen Kompositionen in ausschweifenden Verzierungen schwelgt, zum Ästheten der Sparsamkeit. Der Pianist leistet sich ein paar hingeworfene Blockakkorde, einige Single-Note-Variationen, dann wieder einen perlenden Lauf und wuchtige Bassfiguren.

Der „Wendekreis des Steinbocks“, „Don´t change“ und „Über den Dächern von Stuttgart“ sind wohl bekannte ältere Kompositionen des Stuttgarters, die er gleichwohl frisch und vital aus den Tasten perlen lässt. Hypnotische Kraft entwickeln die minimalistischen Variationen, eine ostinat durchgehaltene Melodie der linken Hand, während die Rechte übergreift und Akzente mit Bass-Akkorden setzt. Kräftige Rhythmen, ostinate Bässe, tremolierende Passagen, sprühende Dynamik, ein paar rollende Boogie-Läufe und sperrige Monk-Zitate sowie immer wieder die kontrastierende Gegenüberstellung von freien Eruptionen und verklärter Romantik, kennzeichnen das Spiel mit dem polystilistischen Ansatz. Dauner verweigert sich nach wie vor allem Purismus und so hat er seinen unverwechselbaren Personal-Stil gefunden. Sicher: Vorhersehbar ist manches, harmonischer Populismus nicht ausgeschlossen.

„Eine Trennung zwischen E-Musik und Jazz gibt es für mich nicht“, sagt Dauner. So verwundert es nicht, dass er sich einer Klaviersonate von Haydn widmet, einem Künstler, der ihm – abgesehen davon, dass er ihn schon als Schüler spielen musste – auch kompositorisch gelegen ist: In dem relativ einfachen harmonischen Ablauf und metrisch abgestuften Taktprinzip, in dem differenzierten Gefüge, das dann thematisch zergliedert  wird, entfernt sich Dauner von Haydn und kommt wieder zu ihm zurück. Den Zuhörern bereitet diese Verwandlung  zu einem swingenden Klassiker, am Beifall gemessen, einen Haydn-Spaß. Und so schließt Dauner schließlich in der für ihn typischen Interpretation das Konzert einschließlich einiger Zugaben mit „My funny Valentine“.

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