Pino Gambioli Quartett bei der Jazzinitiative Mainz, Dezember 2007

Diese Musik lebt von ihren Kontrasten zwischen lyrischer Verspieltheit und expressiver Freiheit, introvertierter Single-Note-Suche und extrovertierter Akkordschichtung, von plötzlichen Wechseln der Tempi und der Stimmungen sowie unterwarteten Wendungen der Harmoniebildung. „Ja Hei“ ist solch eine Komposition extremer Kontraste mit einer Bass-Intro und einem ekstatischen Kollektiv, einem verspielten Piano-Zwischenteil, das der Kontrabass abrundet, von steigender Intensität und zunehmenden Tempo bis zu einer Art Crescendo des Tenorsaxophons.

Der Saxophonist Pino Gambioli hat seinen John Coltrane verinnerlicht und sich dann von ihm gelöst, um zu einem eigenen Personalstil zu finden. Dabei bewegt er sich zwischen swingenden und singenden Linien sowie expressiven, überblasenen freien Stakkati. Insgesamt jedoch bleiben er und seine drei Mitmusiker im Gerüst des Bebop und Hardbop verhaftet, kehren auch nach Ausflügen in den Free-Jazz zum modernen Mainstream zurück. Beispielhaft dafür steht beim Konzert des Quartetts mit dem Pianisten Axel Kaapke, dem Bassisten David Hagen und dem Schlagzeuger Max Mahlert die Komposition „Schakata“.

Eines der beeindruckendsten Stücke an diesem Abend bei der Jazz-Initiative Mainz (jim) ist das lange „HTGT“ mit seinen Wechseln zwischen Fünf-Viertel-, Vier-Viertel- und Drei-Viertel-Takt-Passagen. Eine Komposition, die mit gehämmerten Ostinati auf dem Piano und einem stupenden Beat auf dem Schlagzeug eingeleitet wird, in der ein harmonisch reizvolles Bass-Solo in ein Ruf-Antwort-Spiel mit dem Piano überleitet und das in ein mitreißend groovenden Trio-Spiel einmündet, bevor das Saxophon mit weit geschwungenen Läufen wieder einsteigt. Das Material stammt aus einer Ganzton-Halbton-Leiter, woraus sich der Titel „GTHT“ oder auch „How to groove tight“ ableitet.

Es ist weniger das Bestreben, es möglichst vielen Fans recht zu machen, als das Bedürfnis, das Ausdrucksspektrum zu erweitern, wenn das Gambioli-Quartet sich mit „Meta Maxi“ vom Tango inspirieren lässt, mit gestrichenem Bass sowie akzentuierter Rhythmik auf Piano und Schlagzeug die Stimmung schafft, ins Zwischenspiel allerdings ein freies Kollektiv mit überblasenem Saxophon einfügt.

Ein langsamer Blues mit liedhaftem Bläserlauf, perlendem Piano und sanfter Besenarbeit auf den Fellen klingt bei diesem Quartett ebenso frisch wie das swingende Up-Tempo-Stück „Ostern in Köln“ oder „Solar Eclipse“ mit der überblasenen Attacke in den High-Notes, dem pulsierenden Metrum und den folgenden Hardbop-Phrasen.

Die insgesamt lyrische Atmosphäre wird durch die expressiven Ausbrüche kontrastiert, in der Grundstimmung aber nicht aufgehoben. Das Pino Gambioli-Quartet ist bei aller Freiheiten, die es sich nimmt, eine traditionsverbundene Formation.

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