Es wäre vielleicht vermessen, Parallelen zu ziehen. Aber der im Jahr 1900 geborene und 1971 verstorbene „Captain“ John Handy hatte, bevor er seine Liebe zum Altsaxophon entdeckte, bereits in verschiedenen Bands Klarinette gespielt. Kraftvoll und stark swingend, bewies er vor allem in den 60er Jahren, dass der Blues die Basis des New Orleans Jazz sei, und dass das Saxophon in einem Ensemble dieser Musikrichtung nie deplatziert war. Reimer von Essen, gleichfalls mit Vorlieben für Klarinette und Altsaxophon, wanderte zum „Cap´s Blues“ mit dem Altsaxophon durch die gut gefüllte Saulheimer Sängerhalle, betörte die Zuhörer mit sonorem Ton und treibendem Groove sowie ein bisschen Rhythm & Blues-Einschlag – bevor die „New Orleans Four Plus One“ mit Davenport´s „Mama Don´t Allow“ ein mitreißendes Konzert des traditionellen Jazz offiziell und mit Bechet´s „Salee Dame“ als Zugabe endgültig beendete.
New Orleans Jazz ist kein eng gefasster Stil, eher eine musikalische Ausrichtung, die sich über Jahrzehnte entwickelte. So haben denn auch die New Orleans Four Plus One als Band der Bandleader einen Streifzug von den Zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts bis in die Sechziger unternommen – von dem aus Martinique kommenden, kreolisch geprägten und tänzerisch beschwingten New Orleans Jazz über den getragenen Spiritual „Lord, Lord, Lord“, dem weltberühmten „High Society“ und dem „Bagalusa Strut“ (der Erkennungsmelodie der Sam Morgan Band aus den 20er Jahren) bis zu „I´m Alone Because I Love You“ der Sängerin Sweet Emma Barrett.
Die Musik der Band lebt von dem kompakten Sound der beiden Bläser und der Dreier-Rhythmus-Gruppe – eines Ensembles, das bewusst auf Klavier und Trompete oder Kornett verzichtet. Keine einengenden Arrangements, vielmehr zahlreiche Soli und reizvolle Ruf-Antwort-Spiele. Die Posaune von Harald Blöcher und die Holzblasinstrumente von Reimer von Essen wechseln sich in der Melodieführung ab, meist aber umspielt und verzierte die Klarinette in den Duos die Melodielinie des trocken, erdig und überaus kräftig klingenden Blechs. Cliff Soden besticht immer wieder in seinen harmonisch reizvollen Walking-Bass-Läufen und der knallenden Slap-Technik. Herbert Bohn spielt auf dem Banjo melodische, filigrane Soli und Peter Hermann trommelt kraftvolle, treibende Soli. Bluesgetränkter als die von Blöcher ist seine Stimme in den Liedern. Diese Musik kommt beim Publikum des Jazzclubs Rheinhessen, das seine Liebe zum traditionellen Jazz nicht verhehlt, glänzend an.