Jazzvokalist Norbert Gottschalk konzertierte mit Kontrabassist German Klaiber auf der Haller Comburg

 

Gottschalk - Foto: Hans Kumpf

 

Swingende Lieder auch ohne Worte

Hans-Reiner Soppa, Direktor der Lehrerakademie Comburg, nimmt es ganz genau, wenn er in den historischen Kaisersaal zum gutbürgerlichen Hauskonzert einlädt. Zur 1283. Musikveranstaltung, die wie gewohnt pünktlich um 19.30 Uhr begann und eine kompakte Stunde andauerte, erschienen 53 Besucher – die meisten davon nicht pädagogische Kursgangsteilnehmer, sondern kulturell interessierte Leute aus der näheren und weiteren Umgebung von Schwäbisch Hall.

Der Kontrabassist German Klaiber zählt mittlerweile zu den Stammgästen in dem vormaligen Benediktinerkloster. Er wirkte hier seit Jahren als zuverlässiger Saitenzupfer in den Combos der Pianisten Patrick Tompert und Jürgen Volle mit. Jetzt kam Klaiber im Duo und einem Kollegen, der mittlerweile ebenfalls an der privaten „Hochschule für Kunst, Design und Populäre Musik Freiburg“ doziert, nämlich mit dem sich an der halbakustischen E-Gitarre begleitenden Vokalisten Norbert Gottschalk. Für den 1954 in Essen geborenen Multiinstrumentalisten bedeutete der Comburg-Auftritt eine Premiere.

Norbert Gottschalk trägt nicht nur am Anfang und am Schluss der Stücke die Themen, deren englischsprachigen Texte er oft selbst verfasst hat, vor – die Essenz seines Musizierens sind kreative Scat-Improvisationen. Ohne billiges Show-Gehabe, als sei es das Natürlichste von der Welt, extemporiert der flexible Tenor abstrakte Bebop-Melodielinien zu semantikfreien Silben. Damit befindet er sich in bester Tradition von der legendären Ella Fitzgerald.

Nützlich für das nicht unbedingt allseits jazzkundige Publikum gerieten die Erläuterungen, die Norbert Gottschalk zu den interpretierten Stücken abgab. So hat der US-amerikanische Avantgarde-Kontrabassist Charlie Haden die Komposition „Our Spanish Love Song“ geschrieben, als er mit seiner Frau die Flitterwochen in Spanien verbrachte. Dieser Titel ist übrigens auch auf Gottschalks neuester CD „Stars“ vorhanden.

Ein guter Jazzer vermag sogar aus simplen Schlagern überaus Wertvolles zu kreieren. Das von Frank Sinatra bis Rod Stewart beliebte „I Wish You Love“ des Franzosen Charles Trenet oder Joni Mitchells „Both Sides Now“ gewinnen bei Norbert Gottschalk wesentlich an Substanz.

Finanziert werden die Hauskonzerte auf der Comburg durch Spendengaben nach Schluss der Veranstaltungen. Sehr hoch sind die Künstlerhonorare nicht. Aber Jazzer (und Klassiker) kommen immer wieder gerne, weil die Akustik und die Atmosphäre im Kaisersaal doch einzigartig sind. Eine elektronische Verstärkung bleibt eigentlich unnötig. Und Pianisten, gleich welchen Genres, erfreuen sich am majestätischen Bösendorfer-Flügel – stets in hervorragender Stimmung und säuberlichst poliert.

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