Jakob Bro Trio in der Jazzfabrik Rüsselsheim, 10. April 2018

Er habe Musik immer als etwas Ganzheitliches betrachtet, erläutert der dänische Gitarrist Jakob Bro. Es sei ihm wichtig, dass die Stücke sich ständig ändern, die Grundaussage aber dieselbe bleibe. Bro liebt es offensichtlich, Stimmungen zu schaffen und diese gemeinsam mit den einfühlsamen Partnern Thomas Morgan am Kontrabass und Joey Baron am Schlagzeug auszuarbeiten. „Die Musik möchte ihre eigene Richtung einschlagen. Unsere Aufgabe ist es, ihr zu folgen“, umschreibt der Däne treffend seine Kompositionen. Bei seinen Stücken besteht der Gitarrist weder auf konkreten Richtungsangaben noch hegt er bestimmte Erwartungen, legt lediglich Wert auf Klarheit und Transparenz. Ansonsten ist alles offen für das kongeniale Zusammenspiel.

„Streams“ oder strömende Bäche ist der Titel seiner jüngsten CD. Wie der Titel ist auch die Musik des Trios assoziativ. Der fließende Bach entwickelt sich hin und wieder zum reißenden Wasser, strömt über Felsen und Klippen, scheint die Musiker zu verschlingen.

Es sind vor allem leise und nachdenkliche Töne, die dieses Trio anstimmt. Die Künstler lassen den Klängen Raum zur Entfaltung. Es entstehen Melodien, die einen nahezu meditativen Charakter einnehmen. Spannung baut sich auf, wenn der kahlköpfige Baron mit forscherem Drang eingreift und sein impulsives Treiben auf den Trommeln sowie der wuchtigen Bass-Drum mit ihren weich aufgehängten Fellen den Fan faszinieren. Bro wiederum sorgt mit seiner E-Gitarre für virtuose Kontraste in dem Rhythmusgeflecht von Baron und Morgan. Die Kunst der Kompositionen offenbart sich in subtilen Details.

Es ist also ein insgesamt gesehen ein eher ruhiges, aber keineswegs dahinplätscherndes, Konzert. Immer wieder steigert das Trio des Gitarristen die Intensität, nutzt Elektronik und Verfremdungen, nähert sich frei improvisierend und expressiv fast dem Crescendo.

Zwar spielt das Trio des Gitarristen mit dem seelenverwandten Kontrabassisten und dem sensiblen, eigenständigen Impulsgeber an den Trommeln und Becken  an diesem Abend nicht die Stücke der „Streams“-CD, doch die vorherrschenden Stimmungen bei „Gefion“, Oktober“, „Sound Flower“, “Evening Song“, „Daybreak“ oder „Motion“ sind Bro-typisch.

Wenn Baron dezent seine Hi-Hats anschlägt oder rasend Besen und Sticks über die Felle führt, wenn Jakob Bro verhalten den Saiten seines Instruments überraschende Töne und Akkorde entlockt oder mit der Elektronik Loops und Mehrstimmigkeit auslotet, wenn Morgan diese Ideen genial aufnimmt und  in harmonisch reizvollen Läufen weiter verarbeitet, dann lauschen die Zuhörer beim Konzert der Rüsselsheimer Jazzfabrik atemlos.

Anfangs sparsam mit Schuhen sowie später gefühlvoll in Strümpfen und mit den Zehen auf den Pedalen, setzt Bro die Elektronik ein, zupft die Saiten rasant und scheint mit sich selbst in Parallel-Läufen zu spielen. Dann lacht er breit. Einmal greift Drummer Baron zu Hölzern, um gegen den Takt zu klopfen. Und immer lächelt der Amerikaner, freut sich über das reibungslose Zusammenspiel.

Das Publikum ist begeistert und singt leise bei der Zugabe mit dem Elvis Presley-Hit „Love me tender“. So dürfen die Musiker abschließend mit ausgedehnten Soli ihre Virtuosität und Spielfreude ausleben.

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Text und Fotografie – Mümpfers Jazznotizen

| Eine Fotogalerie vom Konzert gibt es auf den Jazzpages hier.

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