Gary Fuhrmann Quintett – L´existentialiste


KCD 5254 (Konnex Records) oder über www.garyfuhrmann.com

Verschleppungen, Akzentverschiebungen und überraschende kurzfristige Wechsel des Metrums, Einschübe im Dreivierteltakt, sonore und zugleich expressive Linien auf der Klarinette bis hin zu überblasenen High-Notes, Duos von Trompete und Saxophon vor ostinaten Akkorden auf dem Piano, Spannung durch Beharren und Treiben der Rhythmusgruppe – all dies hat der Gary Fuhrmann in seine Erinnerungen aus Paris gepackt. „L´existentialiste“ ist der Titel seiner neuen CD und des Openers auf der Scheibe, die er mit dem Trompeter Martin Auer, dem Pianisten Rainer Böhm, dem Bassisten Matthias Nowak und dem Schlagzeuger René Marx eingespielt hat. 

Manche Stücke sind temporeich und treibend, andere lyrisch und balladesk wie „Lush Life“, was eigentlich mit „gesättigtem Leben“ zu übersetzen wäre und der gefühlvollen Interpretation widerspricht. Aber hintergründiger Humor prägt die meisten Stücke des Fuhrmanns, der für dieses Spiel „mit der Faszination des ersten Taktes“ sich den Wormser Jazzpreis verdient hat. Manchmal weist der Komponist mit einem Buchstaben-Puzzle sogar offen darauf in – wie in „sm-roW“, dem Namen seiner Heimatstadt rückwärts gelesen.

Spannend sind vor allem die Duette von Saxophon und Trompete, die Ruf-Antwort-Spiele, die in Unisono-Passagen oder Zweistimmigkeit münden, wie in „Interlude“ oder „sm-roW“. Verträumte und verspielte, perlende Notenketten reiht Böhm in „L´océan“ und „Little stone“, die wiederum von expressiven Saxophonläufen kontrastiert werden.

Das Quintett vermeidet mit seinem Spiel im Spannungsfeld von Bebop und Free jeglichen Durchhänger. Selbst in schlüssigen Mainstream-Passagen hat der Zuhörer nie das Gefühl, Ähnliches schon mal gehört zu haben. Sogar ein gestrichenes Bass-Solo mit harmonisch reizvollen Akkordlinien birgt in seiner vertrauten Melodie überraschende Wendungen. Bei Gary Fuhrmann verwundert es nicht, dass er seine Erinnerungen mit einem Titel „Heimat“ schließt, die musikalisch darauf hinweist, dass in der Brust des Komponisten zwei Seelen wohnen, die einerseits in Wohlklang und Tradition verwurzelt sind, andererseits nach freitonalen Experimenten drängen.

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