Stuttgart.- Es war einmal: da wurde der Islam besonders bei der „Black Power“-Bewegung in den USA nicht als Bedrohung sondern als Alternative zu „Verbrechen und Heucheleien der christlichen Kirchen“ (Literat James Baldwin) gesehen. Aus Cassius Clay wurde bekanntlich Muhammad Ali, der Schlagzeuger Art Blakey nannte sich Abdullah Ibn Buhaina und der Saxofonist Ed Gregory hörte von nun an auf den Namen Sahib Shihab.
Der am 9. Oktober 1934 in Kapstadt geborene Adolphe Johannes „Dollar“ Brand wurde in seiner südafrikanischen Heimat bereits als versiert musizierender Teenager populär. 1960 verließ der Klavierspieler wegen des unmenschlichen Apartheid-Regimes das Land und konvertierte acht Jahre später im amerikanischen Exil zum Islam. Dollar Brand mutierte zu Abdullah Ibrahim. Egal unter welchem Namen – der Jazzpianist entwickelte sich (wie die Sängerin Miriam Makeba, mit der er künstlerisch kooperiert hatte) zu einem weltweit geschätzten Musik-Botschafter Südafrikas.
Mit 70 Jahren ist Abdullah Ibrahim wieder längst im Staat am Kap heimisch und hat sich der einstigen Sturm-und-Drang-Zeiten entledigt. Mit arroganten Attitüden vermag er nach wie vor die Szene verärgern, aber musikalisch gibt er sich nunmehr ganz zaghaft. Bei seinem anfänglichen Solo-Recital im vollbesetzten Stuttgarter Theaterhaus dominierte bei dem schwarzen Mann am Flügel gedämpftes Piano. Der Komponist von „Liberation Dance“, „The Mountain“, „Peace“ und „The Wedding“ hangelte sich da agogisch – quasi una fantasia – von Melodie zu Melodie und vermengte festgelegtes Themenmaterial mit improvisatorischen Momenten.
Nocturnes zum Einschlafen oder modische Wellness-Music? Jedenfalls locker, lyrisch, leicht, Lento und Largo. Die abgeklärte musikalische Andacht des Muslimen widersetzte sich hierbei virtuoser Rasanz. Immer noch schön anzuhören bleibt die Mixtur von standardisiertem Swing, hymnischen Chorälen christlicher Provenienz und afrikanischer Kwela-Folklore.
In der zweiten Konzerthälfte ließ Abdullah Ibrahim in Trio-Besetzung ebenfalls in einem Potpourri die einzelnen Stücke fließend ineinander übergehen. Freilich ermunterten dann der Schlagwerker George Gray und der Kontrabassist Beldon Bullock nicht zuletzt in ihren solistischen Beiträgen zu mehr Vitalität und animierten das sowohl aufmerksam lauschende als auch winterlich hüstelnde Publikum zu manch einem dankenden Zwischenapplaus. Delikat und distinguiert gaben sie sich als folgsame Diener ihres Herrn. Mit einer langen Zugabe revanchierten sich Ibrahim, Bullock und Gray für den herzlichen Beifall im Rahmen der regelmäßig in Deutschland tourenden Reihe „Jazznights“.