Der französische Saxophonist Olivier Py an der Hochschule für Musik in Mainz, 2. Juli 2016

Foto: Mümpfer

Jazz aus Mainz und Dijon

Der Komponist, Organist und Ornithologe Olivier Messiaen pflegte festzustellen: „Die Vögel haben alles erfunden, Chromatik und Diatonik, Vierteltöne und sogar kollektiven Gesang.“ Seine Kompositionen sind deshalb in einigen wesentlichen Teilen von diesem Gezwitscher und Vogelstimmen inspiriert worden. Messiaen, der nach den Worten des Mainzer Jazzprofessors Sebastian Sternal mit Jazz nicht viel am Hut hatte, inspirierte wiederum den französischen Komponisten und Saxophonisten Olivier Py im Jahr 2012 zu dessen Zyklus „Birds of Paradise“. Im Quintett mit Studierenden der Mainzer Hochschule für Musik verarbeitet Py (als Vertreter der Mainzer Partnerstadt Dijon) die berühmten Vogelruf-Transkriptionen, um sie in einem Konzert dem interessierten Publikum zu präsentieren.

Vogelgleich zwitschert die gestopfte Trompete von Benjamin Lindner, Py auf dem Tenorsaxophon antwortet sonor und Lukas Ruschitzka  am Flügel wirft kurze, vibratoreiche Melodiefragmente ein. „My light Blue“, „Miss Pixelized“ und „Mister Tiny Gray“ mit ihrem sanften und getragenen Passagen sowie den rauen und eruptiven Saxophonläufen, den Undertones und Atemgeräuschen sowie der fast swingenden Schlagzeug-Basis von Julian Camargo, sind als ununterbrochene Reihe zu verstehen, die in vielen Schattierungen gezeichnet wird. Lindner greift zum Flügelhorn, bläst klare Linien und Stakkati, Luschitzka hämmert seine Blockakkorde in die Tasten und Camargo treibt die Musik voran. Sanftheit steigert sich in der Intensität, Ostinati und Variationen bauen weite Spannungsbögen, die Eduardo Sabella mit straight gezupftem oder sensibel gestrichenem Kontrabass unterlegt. Freiheit, Melodie, Rhythmus und Freude an der Kreativität entfalten sich in den Kompositionen Pys sowie im Spiel des jungen Quintetts, in dem die Studierenden immer wieder den Augenkontakt mit dem Leader suchen.

Die Musik in der Bearbeitung des französischen Saxophonisten ist wie bei Messiaen rhythmisch komplex, harmonisch und melodisch nur vordergründig eingängig und einfach.

„Saveur“, eine nicht von Messiaen beeinflusste Py-Komposition an diesem Abend, besticht dennoch durch ihre Klangästhetik und das filigrane Spiel, bevor das Quintett mit dem schnellen und eruptiven „Miss Brown Fudge“ das Programm beschließt.

Begonnen hat das Konzert mit drei Duo-Kompositionen aus der Feder Sternals. Duos zählen zu den intimsten Begegnungen im Jazz, denn die Partner müssen nicht nur virtuos ihr Instrument beherrschen, sondern auch sensibel auf einander eingehen. Pys „Birds of Paradise“ belegt, wie eng im zeitgenössischen europäischen Jazz Querverbindungen zur gegenwärtigen E-Musik sein können. Dies ist sicher auch einer der Gründe, warum der deutsche Pianist Sternal und der französische Saxophonist Py so gut harmonieren. Sternal hat mit seinem „Symphonic Project“ ebenso Erfahrungen in den Grenzgängen des Jazz gesammelt wie Py mit seinen Messiaen-Bearbeitungen. Perkussives Tastenspiel verbindet sich mit expressivem Tenorsaxophon, melodisches und verspieltes Piano mit dem fast gehauchten Horn. Oft erklingen beide Instrumente unisono, dann wiederum im Ruf-Antwort-Spiel. So suchen beide Musiker zwischen den Welten neue Ausdrucksmöglichkeiten.

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