Es ist schon viel geschrieben worden über dieses schmucklose Ungetüm, diesen musikalischen Dinosaurier, der faucht und jubiliert, der funky sprüht und bluesy röhrt. Es ist die Hammond B3-Orgel, auf der die Münchner Jazzmusikerin Barbara Dennerlein buchstäblich alle Register zieht. So nehmen es die Musikerin und ihr Instrument locker mit einer Big Band auf. Der linke Fuß hüpft behände über die Bässe, während die Linke die Akkorde greift und die rechte Hand die Melodien führt. Da klingt die Hammond in „Love Letters“ wie ein Marimbaphon, im „Pendel der Zeit“ wie eine sakrale Pfeifenorgel, assoziiert in „Funkish“ den Memphis-Soul getränkten Saxophonton, webt in den Latin-Stück „Summer Day“ einen Soundteppich oder in der Ballade „I Miss You“ schwebende Sphärenklänge.
„Change Of Pace“ ist eine Art Glaubensbekenntnis der Münchnerin. Zwar bewegt sie sich stets im Rahmen des Mainstreams, doch die Wechsel in Klangfarben, Tempi, Metren, Dynamik und Intensität bewahren sie vor Eintönigkeit und allzu großer Vorhersehbarkeit.
Voll schwüler Erotik spielt die Organistin den langsamen „Stormy Weather Blues“, treibt groovend unter rhythmischer Begleitung des mit klatschenden Publikums „Funkish“ voran, bevor das Stück mit rockigen Riffs endet. Es ist die außergewöhnliche Art des Orgelspiels, mit dem Dennerlein im Swing-Titel „In The House“ eine lange, straight geführte Bass-Linie unter die Harmonievariationen legt. Mit ostinaten Melodiefloskeln baut die Musikerin weite Spannungsbögen, während ihr Duo-Partner Daniel Messina das Schlagzeug pulsieren lässt und schließlich nach aufregender Intensitätsverdichtung in einem Solo geradezu percussiv explodiert.
Dennerlein und Messina kommunizieren mit traumhaft sicherem Verständnis und präzisem Timing. Der in Stuttgart lebende Argentinier nutzt die Naturgeräusche von allerlei Percussionsinstrumenten, von Holzstöckchen und Metallglöckchen, von quietschenden Kunststoffhüllen und Rasseln. Er lässt die Becken unter zarten Besenstrich erklingen, treibt mit Double-Bass-Spiel den Groove voran, nutzt die Fülle der Trommeln zum beinharten Powerplay.
Viele Stücke sind suitenartig angelegt und entsprechend lang die Solo- und Duo-Improvisationen. Doch in klug angelegten Arrangements kommen sie immer wieder zum Anfangs- und Zielpunkt. Barbara Dennerlein will sich stilistisch nicht festlegen lassen, wehrt sich gegen Vergleiche mit Jimmy Smith – und das zu Recht. Sie hat in ihren unterschiedlichen Formationen einen eigenen Sound, in ihren Kompositionen einen eigenständigen Ausdruck gefunden. Dass sie in dieser Treue zu sich selbst nicht ganz dem Vorwurf der Wiederholung entgehen kann, ist verständlich. Ihr Charme, mit dem sie auch das Publikum beim BlueNite-Jazz-Festival in der Wormser „Kapelle“ in den Ansagen in Bann zieht, sowie ihre instrumentale Virtuosität und musikalische Kreativität, lassen solche Kritik schnell vergessen.