Mehr als nur der Swing-Stil: Die Big Band Schwäbisch Hall jazzte im Globe zu Weihnachten unter der fulminanten Leitung von Antonia Hausmann.
Zukünftig will es die Big Band Schwäbisch Hall so halten wie es das professionelle Jazzorchester am Stuttgarter Radio praktiziert: Als vor drei Jahrzehnten sein Gründer Erwin Lehn (1919-2010) sich in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedete, wurde die Leitung projektbezogen stets verschiedenen Fachleuten übertragen. Der aus Steinheim an der Murr stammende Andreas Rapp hat sich in Hall als Dirigent inzwischen wiederholt bestens bewährt, aber ein besonderer Glücksgriff gelang nun der von Armin Scheibeck aufgebauten und dann von dessen Sohn Tobias weitergeführten Big Band. Für das Doppelkonzert am 4. Advent konnte nämlich Antonia Hausmann gewonnen werden.
Die am 10. Juli 1990 in Zittau geborene Allround-Musikerin wird von Dr. Bert Noglik, ehemals Künstlerischer Leiter vom JazzFest Berlin, auf Anfrage so charakterisiert: „Sie zählt zu den frischen, neuen Stimmen im deutschen Jazz, eine Posaunistin mit anspruchsvollen kammermusikalischen Konzeptionen, genreübergreifenden Ambitionen und stilistischem Facettenreichtum“.
Anfang Dezember fand ein gemeinsames Probenwochenende statt. Begeisterte Posts tauchten alsbald im Internet auf: „Die Big Band Schwäbisch Hall fühlt sich fantastisch. War das ein Wochenende! Mehr als 15 Stunden an den Instrumenten haben wir fleißig geprobt.“ Und die in dieser Großformation Posaune blasende Kristin Seyboth vermeldete: „Das war mega – ich bin jetzt fertig samt dicker Lippe“.
Es folgten eine Woche vor dem Christfest zwei ausverkaufte glanzvolle Auftritte im Globe-Theater, wobei die flugs aus Leipzig per Bahn angereiste Antonia Hausmann mit motivierender Mimik, fordernden Gesten sowie mit vollem Körpereinsatz den swingenden Klangkörper leitete – vor den Schwaben ging die Sächsin buchstäblich in die Knie, um nötigenfalls einen gedämpften Sound und insgesamt eine abgestufte Dynamik zu bewerkstelligen. Ein beherztes Musizieren auch fürs Auge. Und auf der Zugposaune entwickelte das Energiebündel Antonia Hausmann bei aller Vitalität einen warmen und weichen Ton, zuweilen an Albert Mangelsdorff erinnernd.
Schließlich brillierte die leidenschaftliche Künstlerin mit zwei Eigenkompositionen. Bei „Teleidosope“, in der Version für Big Band eine stolze Uraufführung, werden reizvolle Wechselspiele und subtile Klangschattierungen präsentiert. Ist dieses Stück vor allem in der Orchesterversion dem neutönerischen Third Stream verpflichtet, so strahlt „It’s All Yours“ nach einem rhythmisch vertrackten Bebop-Beginn behäbig alten Swing aus. Dem Repertoire von Count Basie und Duke Ellington wurden an diesem Abend ohnehin vertraute Werke entnommen.
Gleich mehrere von dem Skandinavier Jesper Riis für Jazzorchester eingerichtete Pop-Hits fanden ins Programm, darunter „This Christmas“, „Last Christmas“ und „Another Way To Die“ aus dem James-Bond Film „Ein Quantum Trost“.
Bei etlichen Performances der Big Band Schwäbisch Hall hat sich die expressive Vokalistin Tanja Gold inzwischen zu einem gern gehörten Stammgast gemausert. Leidenschaftlich interpretierte sie als ersten Song „Feeling Good“, bevor sie geziemend Weihnachtslieder unterschiedlicher Couleur anstimmte.
Aus der Big Band kamen immer wieder kurze Improvisationsbeiträge. Beachtliche solistische Leistungen erbrachten beispielsweise die Saxofonisten Stefan Scheuermann und Achim Lutz, der Posaunist Sebastian Klenk, der Gitarrist Stanley McKee, der Keyboarder Matthias Egner, Hansi Speidel (Kontrabass und Bassgitarre) und der Schlagzeuger Hendrik Küfner.
Als großartige Zugabe schlussendlich als 15. Titel „Have Yourself A Merry Little Christmas“ im Arrangement des US-Amerikaners Dave Wolpe. „A Swinging Christmas Again“ der Big Band Schwäbisch Hall mit Antonia Hausmann und Tanja Gold wird noch lange in den Ohren klinge(l)n…
Die aktuelle Besetzung der Big Band Schwäbisch Hall
Saxofone: Stefan Scheuermann, Ines Beetz, Sonja Fahrian, Achim Lutz, Paul Limbacher, Peter Wendt
Trompeten: Thomas Wolpert, Hannes Bolsinger, Georg Frenz, Konrad Weinmann, Haiko Fahrian
Posaunen: Sebastian Klenk, Jonathan Liebald, Kristin Seyboth, Stephan Bystricky
Rhythmus: Hendrik Küfner (Schlagzeug), Hansi Speidel (Bass), Stanley McKee (Gitarre), Matthias Egner (Keys)
Gesang: Tanja Gold
Leitung: Antonia Hausmann (+ Solo-Posaune)