Esslingen – Erstmals begegneten sie sich musikalisch 1962 auf dem Podium vom Stuttgarter „Atlantic Jazz Club“ in der Büchsenstraße. Als 1968 Albert Mangelsdorff und Wolfgang Dauner mit den „German All Stars“ im Auftrag des Goethe-Instituts durch Südamerika tourten, nahm eine intensivere Zweierbeziehung ihren Anfang. Anfang der siebziger Jahre spielten der Frankfurter Posaunist und der Stuttgarter Pianist in der „11 1/2“-Band von Werner Schretzmeiers sonntagmorgendlichen Fernsehreihe. Aus dieser Gruppierung gingen ja das „United Jazz + Rock Ensemble“ und die musikereigene Plattenfirma „Mood Records“ hervor. Jahrelangen Bestand hat mittlerweile das Duo von Albert Mangelsdorff und Wolfgang Dauner, zuweilen spielt man auch im Quintett miteinander. Da die beiden Altmeister des deutschen Jazz nicht ständig zusammen auftreten, kann jedes neue Zusammentreffen für musikalischen Gesprächsstoff sorgen – wobei die Ausgangsthemen feststehen und präzise formuliert werden. Kommunikationsschwierigkeiten zwischen Dauner, dem einst so experimentierfreudigen Allroundmusiker, und Mangelsdorff, dem eher „coolen“ Jazzer, bestehen nicht.
Albert Mangelsdorff, Bundesverdienstkreuzträger und nunmehr Künstlerischer Leiter vom JazzFest Berlin, feierte am 5. September 1998 viel geehrt und mannigfach gefeiert seinen 70. Geburtstag – und übt nach wie vor täglich stundenlang auf der Posaune. Auch Wolfgang Dauner (Jahrgang 1935) wurde von Staatswegen dekoriert: am 10. Mai 1997 erhielt er (mit 29 anderen Bürgern) die Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg. Ansonsten zierten der Hesse und der Schwabe schon so manches Festival mit einem Highlight, jetzt spielten sie in gemütlicher Clubatmosphäre. Der Sonntagsjazz des Esslinger Kulturzentrums „Dieselstraße“ erlebte am Nikolaustag eine (werbeträchtigen) Höhepunkt.
Wolfgang Dauners bereits für die unterschiedlichsten Besetzungen arrangierter „TransTanz“ gereicht auch in der Duo-Fassung immer wieder zu einem reizvollen Abenteuer. Markant hierbei das 16-tönige Baßkontinuum, das fundamental wiederholt wird und auf das sich dann stets neue Linien schichten. Inzwischen wirkt Wolfgang Dauner mit seiner linken Hand in geradezu akrobatischer Disziplin: ostinate Figuren, Riffs, welche stoischer Exaktheit gespielt werden. So auch in seinem metrisch-rhythmisch komplexen „Wendekreis des Steinbocks“, wo er zuweilen mit der rechten Hand übergreift, um tiefgründig Baßschwerpunkte zu setzen. Ansonsten ließ sich Dauner in Esslingen bei diesem Stück viel souveräne Ruhe, um in seiner – auf der phrygischen Skala basierenden – Improvisation weite Spannungsbögen zu entwickeln: mal in der Melodie rhythmisch sehr akzentuiert, mal mit praller Wucht von Akkorden. Zu einer eher impressionistischen Begleitung des Klaviers blies Mangelsdorff abgeklärte Phrasen.
Bei seiner (Guildo-freien) Komposition „Danke! – Hut ab!“ stieß der Posaunist zunächst solo ins Horn: balladenhaft und „quasi una fantasia“. Typisch Albert Mangelsdorffs durch synchronisiertes Blasen und Singen erzeugte Mehrstimmigkeit („Interferenztöne“) und der dosierte Gebrauch seines (ökologisch-mechanischen Abflußfrei-) Gummi-Dämpfers. Allenthalben überzeugt Mangelsdorff in allen Lagen durch einen beseelten Ton. Und damit dieser nicht ins Blubbern kommt, kann er dank Schnurfernbedienung die unten am Zug befindlichen Wasserklappe mitten in der spielerischen Aktionen öffnen, ohne das Ziehen zu vernachlässigen.
Gediegene Interaktionen, Kalkül und Emotion stimmig vereint: Dauner und Mangelsdorff sind eben ausgereifte Musikerpersönlichkeiten. Eine konzentrierte Atmosphäre in der überfüllten Dieselstraße 26 – ein Posaunenweltmeister bedankte sich herzlich beim Publikum ausdrücklich für die erwiesene Aufmerksamkeit.