Barrelhouse Jazzgala 2012 in Nieder-Olm

Text & Fotografie: Klaus Mümpfer

Mit ihren Sologästen treffen die Frankfurter Barrelhouse Jazzband und ihr Tourneeleiter Dieter Nentwig ein gute Wahl. War es 2011 die faszinierende Pianistin Laura Fedele aus Italien, so reißt in diesem Jahr der junge Pianist und Sänger Julien Brunetaud die Fans in der ausverkauften Nieder-Olmer Eckes-Halle zu Begeisterungsstürmen hin.

Der junge Franzose ist ein virtuoser Techniker mit Spielwitz und Feeling für dramatische Bluesimprovisationen. Der Boogie- und Blueskünstler beweist vor allem mit seinem „Russian Rag“, dass es auch dann noch schneller geht, wenn der Zuschauer glaubt, dass das Tempospiel nicht mehr zu toppen ist. Im Stridespiel rasen die Finger der linken Hand über die Tasten, synkopiert die rechte gegen das starre Taktgefüge und hält so das Publikum in Hochspannung, die sich in anhaltendem Applaus auflöst und Jelly Roll Mortons „Mamanita“ als ungeplante Zugabe erzwingt.

Mit dieser Komposition leitet der Piano-Virtuose zur Barrelhouse Jazzband über, die den Klassiker aus 1923 ebenfalls im Repertoire hat. Die Rhythmusgruppe der Band begleitet in diesem Jahr drei amerikanische Musiker der jüngeren Generation, die den Jazz aus New Orleans bewahrt und zugleich in ein neues Gewand steckt. Da ist der 36-jährige Posaunist Ronell Johnson, der vor allem in „I wish, I could shimmy like my sister Kate“ sein Instrument mit kraftvoller Rauigkeit bläst und ständig lachend auf der Bühne tänzelt. Er spielt mitreißende Duos mit dem 33 Jahre jungen „Kid Chocolate“ ein, dessen weicher Gesang bei „When it´s sleepy time down south“ in reizvollem Gegensatz zu den überblasenen High-Notes der Trompetensoli steht. Sonor lässt der 41-jähriges Jason Mingledorff sein Tenorsaxophon „Exactly like you“ röhren oder bläst gefühlvoll die Klarinette in Balladen.

Eine optische wie akustische Attraktion ist bei dieser Gala die Sängerin Denise Gordon, die ebenso inbrünstig und shoutend den geistlichen Gospel interpretiert sowie mit stilsicherer Phrasierung Swing-Kompositionen wie Gershwin´s „It´s wonderful“. Stets fröhlich zu Scherzen aufgelegt, überzeugt die Sängerin in Balladen mit sensiblem Feeling. Ihre warme, tragende Altstimme nimmt das Publikum der Jazz-Gala gefangen, die getreu ihrem Motto „A Night In New Orleans“ an die Quellen des Jazz zurückführt und dabei belegt, dass der traditionelle Jazz keineswegs als museal angesehen werden darf.
Die Jazz-Gala wird damit dem Anliegen der Barrelhouse Band gerecht, die im kommenden Jahr auf eine 60jährige Tradition zurückblicken kann. Mit einem Sonderapplaus feierten die Zuschauer Bandleader Reimer von Essen, er diese beständige Formation seit einem halben Jahrhundert führt und mit ihr den Jazz aus New Orleans bis zum Swing immer wider mit neuen Impulsen auffrischt. Die große Liebe der Band gilt den kreolischen Rhythmen, die Trompeter Horst Schwarz mit seiner Komposition „Take us to the Mardi Gras“ zeitgemäß interpretiert. Bechet-Stimmung beschwört die Band bei „Chant in the night“. Mit Klarinetten-Duos und im Trio mit der Trompete interpretieren eigenwillig und zugleich sensibel Reimer von Essen, Frank Selten und Horst Schwarz Count Basie´s ökonomisches Spiel beim „How long Blues“.

Nach gut vier Stunden verabschieden sich die Barrelhouse Jazzband und ihre Gäste von der jubelnden Fan-Gemeinde zu den Klängen der „Bourbon Street Parade“ mit einem Marsch durch den Saal.

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