Lisa Simone mit der hr-Bigband in Rüsselsheim

Lisa Simone - Photo: Mümpfer

Ein bekannter Name kann eine Bürde sein. Denn Lisa Simone ist die Tochter der legendären Sängerin Nina Simone, die einst als Bürgerrechtsaktivistin den Begriff „Jazz“ mied und lieber von „Black Classical Music“ sprach. „Lange Jahre brauchte es, sich aus der Aura der Mutter zu befreien“, sagt die Sängerin, die nach Südfrankreich umsiedelte, sich von dieser Bürde befreite und mit ihrer Kunst einen eigenen Namen machte. „Ich liebe die Musik. Ihr gehört meine Leben und mein Herz.“ Dass die Tochter von Nina Simon inzwischen als eigene Persönlichkeit anerkannt werde, sei eine große Genugtuung, sagt Lisa heute.

Wer die gertenschlanke Sängerin in dem glänzenden, grauen Outfit auf der Bühne des Rüsselsheimer Theaters sieht, kann kaum glauben, welche markante, weit tragende und gleichzeitig sehr wandelbare Stimme die Mittfünfzigerin auszeichnet. So besteht Lisa Simone mit ihrem Gesang vor den Musikern der hr-Bigband. Das Orchester interpretiert mit dem vollen Volumen und der Wucht der Trompeten-, Posaunen- und Saxophon-Sections sowie der Rhythmusgruppe unter der Leitung des Gastdirigenten Jörg-Achim Keller Hits wie Bobby Timmons „Moanin´“ und die Up-Tempo-Komposition „Quick Silver“ von Horace Silver.

Da steht und sitzt sie nun, seufzt, haucht, wiegt sich lasziv zum Takt und schreit ihre gesamtes Potenzial zwischen rockigem Blues, Gospel, Soul, Funk und Jazz in den gut besetzten dunklen Saal. Sie spielt in der Zugabe mit ihrem begeisterten Publikum und lässt es den Refrain singen. Zwischendurch plaudert die Entertainerin charmant von ihrer Dienstzeit als Ingenieursassistentin der „United States Air Force“ die sie fünf der insgesamt elf Jahre in Frankfurt festhielt. Hier war es auch, wo sie nach dem Genuss deutschen Weines eine Kostprobe ihres stimmlichen Talentes gab und ihre Kollegen sie ermunterten weiterhin zu singen. „Nun stehe ich gut zwanzig Jahr später mit der hr-Bigband in Rüsselsheim auf der Bühne“, sagt sie mit ihrem ansteckenden Lachen.

Lisa Simone verfügt zwar nicht über eine Oktaven umfassende Stimme, doch sie geht souverän mit ihr um. Gleichmaßen glaubhaft interpretiert sie verrucht ebenso wie gefühlvoll. Mal singt sie mit dunklem Alt-Timbre „Do I move you“, dann wiederum steigt sie mit hellem Mezzo-Sopran in die hohen Lagen. Das Publikum begegnet in diesem Konzert einer Reihe wohl bekannter Kompositionen von „Go to hell“, „Gonna leave you“ bis „Love me or leave me“ und „My baby just cares for me“.

Nur eineinhalb Tage hat Keller mit Lisa Simone geprobt, erzählt der bekannte Arrangeur und Dirigent. Zwei Tage länger übte er das umfangreiche Programm mit der Band. Glänzend aufgelegt sind die Musiker. Expressiv bläst Tony Lakatos ein umjubeltes Solo auf dem Tenorsaxophon, getragen und inspiriert ist die Ballade „I´ll wait and pray“ des Trompeters Axel Schlosser mit dem Flügelhorn. Groovend steht Gitarrist Martin Scales im Duett mit Lisa, eruptiv blasen Heinz-Dieter Sauerborn und Steffen Weber ihre Instrumente. Schmissig erklingt „The Preacher“ im Arrangement von Bob Pronk. „Ich erinnere mich, wie er damals im eigenen Flugzeug in Baden-Baden einschwebte. Ich habe viel bei ihm gelernt“, sagt Jörg-Achim Keller.

Die euphorischen Zuhörer wollen Sängerin und Bigband nicht von der Bühne lassen. So erzählt Lisa Simone vor der zweiten Zugabe abschließend von ihrer 17 Jahre alten Tochter ReAnna, die bereits als Neunjährige mit ihr gesungen habe.

Der Dokumentarfilm „What happend, Miss Simone“ wurde 2015 für den Oscar nominiert.

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Text und Fotografie von Klaus Mümpfer – Mümpfers Jazznotizen

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