Ambrose Akinmusire Quartet in der Rüsselsheimer Jazzfabrik; 11. Mai 2015

Photo: Mümpfer

Text & Fotografie: Klaus Mümpfer 

Das Ambrose Akinmusire Quartet will für die Zuhörer der Rüsselsheimer Jazzfabrik verständlich zu sein. Die Kompositionen des Konzertes werden geprägt durch Stimmungen, die eindringliche Musik vermittelt reine Emotionen. Ob nun „Brooklin“, „As we fight“, “Regret no more“, “Trumpet Sketch”, „Wither“ oder ein noch ungetiteltes Duo von Trompete und Piano, das Spiel der vier Musiker kennt keine Hürden. Die wilde Mixtur notierter sowie improvisierter Musik fasziniert trotz gelegentlicher Längen und Wiederholungen.

Die Qualität der Musiker und ihre trotz der Jugend bereits langjährige Partnerschaft erlauben es, die vielfältigen Facetten der Kompositionen als auch der eigenen, traumhaft sicheren sowie sensiblen Interaktionen frei auszuloten. Der junge Pianist Sam Harris pendelt zwischen zart hingetupften Single-Notes und aufgeschichteten Blockakkorden, zwischen sparsamen Einwürfen und sperrigen Läufen, die sowohl an Keith Jarrett als auch an Thelonious Monk erinnern. Schlagzeuger Justin Brown lässt sein Spiel auf fein abgestimmten Trommeln und Becken pulsieren, treibt in den anhaltenden Soli die Kompositionen voran. Er ist mit seinem Powerplay vor allem für das fast durchgängige energetische Spiel des Quartetts verantwortlich. Bassist Harish Raghavan greift auch mal zum Bogen, wenn es die Stimmung erfordert. Die Das  routinierte Zusammenspiel der Vier belegt ein gemeinsames Musikverständnis.

Das Konzert des Quartetts beginnt mit einer lyrischen Intro, tastenden Piano-Akkorden und Single-Notes sowie mit verhangenen Trompetenlinien. „Roll call for those absent“ ist wie die nachfolgenden Kompositionen ein komplexes, aber keinesfalls sperriges Werk. Die Stücke sind so kompliziert, dass Parts zwischen den Improvisationen offensichtlich notiert und selbst von Akimusire vom Blatt gespielt werden. Das tut dem Spiel keinen Abbruch. Es ist technisch und musikalisch ausgereift, überaus wendig und nuanciert, lyrisch und rotzig-dynamisch zugleich – mit einem Wort: virtuos. Der zierliche Trompeter mit nigerianischen Wurzeln ist ein Meister des Ausdrucksspiels. Er „schmiert“ die Töne, nutzt die Blue-Notes und verminderte Quinten als Ausdrucksmöglichkeiten, steigt mühelos in die höchsten Lagen. Er setzt spitze High-Notes ebenso selbstverständlich wie dunkle und warme Linien. Das Spiel ist weit gefächert. Ob traditionelle Balladen, Fusion oder Free, der Trompeter und seine drei Begleiter fühlen sich in jeder Spielart des zeitgenössischen und zugleich zeitlosen Jazz wohl.

Akinmusire sorgt mit seinem Trompetenspiel immer wieder für ordnende Strukturen in diesem teils wilden Gebräu von High-Speed und ruhigen Passagen. Mal bläst er relaxte, dynamisch abgestufte Linien, dann wiederum rasende und attackierende Stakkato-Läufe sowie „Aufschreie“ mit High-Note-Spitzen – oftmals im Duett mit dem sensibel reagierenden Tastenspiel von Sam Harris auf Flügel, Rhodes sowie einmal im Finale mit einer Synthesizer-Abrundung. Dann wiederum greift Harris lyrisch verspielt in die Tasten, während der Trompeter mit Untertönen die Atemgeräusche in seinem Instrument mitklingen lässt. „Trumpet Sketch“ wird von der Band percussiv eingeleitet, steigert nach einem getragenen Bass-Solo und einem sanften Schlagzeugspiel Intensität und Lautstärke. Später im Konzert lebt die Spannung von endlosen ostinaten Harmonievariationen auf Trompete, Bass und Piano als Basis für das rasante Solo Browns auf dem Schlagzeug.

Wessen Ohren es nach breit gefächerter Modernität abseits des Mainstreams verlangt, der findet dies in den Kompositionen des mit Lob überschütteten Trompeters. Das begeisterte Publikum der Jazzfabrik erklatscht zwei Zugaben, darunter eine originelle Interpretation von „Body and soul“.

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