Die Stones als Blues- und Jazz-Fans – Biber Herrmann mit Blues „live“


Alle Photos auf dieser Seite: Hans Kumpf


Fritz Rau hat als internationaler Konzertveranstalter in fünf Jahrzehnten wahrlich viel erlebt. Davon berichtete der 81-Jährige bei einer Veranstaltung des Konzertkreises „Triangel“ und des Haller Kulturbüros im Theatersaal vom Alten Schlachthaus. Sein Resümee: Am Anfang war der Blues.

Schwäbisch Hall.- Nachdem zu seinem 75. Geburtstag das Buch „50 Jahre Backstage“ veröffentlicht wurde, zieht Autor Fritz Rau durch die Lande und erzählt – zuweilen durch die Südwestrundfunk-Redakteure Matthias Holtmann und Stefan Siller interviewt – von seiner engen Zusammenarbeit mit Michael Jackson, Bob Dylan, Elton John, Miles Davis, Janis Joplin, Udo Lindenberg, Paul McCartney, Frank Zappa, Joan Baez, Marlene Dietrich und anderen Weltstars.

Mittlerweile hat der unermüdliche Fritz Rau unter dem Titel „Am Anfang war der Blues“ ein interessantes Manuskript erstellt, von dem leider keine Buchveröffentlichung geplant ist. Und nun inszeniert der von verschiedenen Krankheiten geplagte und wegen Hüft- und Kniekomplikationen an einen Rollstuhl gefesselte Rau damit eine Lesereise, musikalisch „live“ unterstützt durch den Gitarristen, Sänger und Mundharmonika-Spieler Biber Herrmann. Der Wiesbadener zelebrierte da zwischendurch einen hochartifiziellen Country-Blues ganz eigener Prägung, auch wenn er Nummern bedeutender afroamerikanischer Kollegen interpretierte. Geradezu ein vielklingendes Einmannorchester mit sonorem Bassbariton, einer virtuos geblasene Mundharmonika und einer trickreich gezupfte Korpusgitarre, mit und ohne metallische Flaschenhals-Glissandoeffekte („bottle neck“). 

Der am 8. März 1930 in Pforzheim geborene Rau freut sich immer wieder, wenn er aus seiner hessischen Wahlheimat kommend in Baden-Württemberg „gastieren“ darf. Im hohen Alter ist es ihm ferner eine Genugtuung, nicht wie einst „backstage“ den Beifall für seine Künstler zu hören, sondern selbst im Rampenlicht zu agieren und dafür den verdienten Applaus zu genießen.

Fritz Rau erinnerte daran, wie er als gelernter Jurist zusammen mit Horst Lippmann von 1962 bis 1982 in Deutschland und auch in England die erfolgreiche Reihe „American Folk Blues Festival“ durchführte. Leute wie Memphis Slim, John Lee Hooker, Shakey Jake Harris, Brownie McGhee und Sonny Terry wurden so auf dem Alten Kontinent besser bekannt und deren Plattenverkauf angekurbelt. Aufregung und Freude vermischten sich da, und herzliche Freundschaften entwickelten sich. 

In Manchester warf Rau zu Beginn der 60er Jahren drei wilde Jungs aus dem Backstage-Bereich heraus, in denen diese sich eingeschlichen hatten – später hatte er Mick Jagger, Brian Jones und Keith Richard als „Rolling Stones“ unter Vertrag. Der Blues-Faktor sei für diese britische Band besonders wichtig gewesen, schließlich hätte sie sich nach dem Song „Like A Rolling Stone“ des schwarzen Amerikaners Muddy Waters benannt. Zudem habe der Stones-Drummer Charlie Watts sich später ausgiebig im Jazzmetier getummelt – mit Combo und Big Band.

Auch zu Jimi Hendrix, für den die Frankfurter Konzertdirektion Lippmann+Rau noch vor dem historischen Woodstock-Auftritt 1969 eine Deutschlandtour organisierte, pflegte Fritz Rau private Beziehungen. Der Tournee-Manager schilderte den berüchtigten Gitarrenzertrümmerer indianischer Abstimmung als einen sehr liebenswürdigen Menschen, der seinem Freund Rau zu Liebe in Stuttgart anlässlich dessen Auftritt im noblen Beethovensaal der Liederhalle brav Linsen, Saitenwürste und Spätzle verspeiste – obwohl ihm dies dann zum wirklichen Kotzen war. 

Auch die persönliche (Alkoholiker-)Tragik von Eric Clapton („Tears In Heaven“) kam zur Sprache. Dieser Gitarrist hatte ebenfalls den Blues – so oder so.

Lustige Episoden und nervende Angstzustände, böse Anfeindungen und huldvolle Ehrerbietungen – all dies widerfuhr dem vormaligen Hobby-Bassisten Fritz Rau während seiner aufopfernden Tätigkeit im Musikbusiness. Im Nachhinein nimmt er es mit unverbrüchlichem Humor und meint, seine Biographie (Auflage: 30 00) könne man an Ort und Stelle käuflich erwerben und von ihm signieren lassen. Nach seinem Tode ließe sich das derart veredelte Buch bei „Ebay“ teuer versteigern… 

Dutzende von Musikfreunde im restlos ausverkauften Theatersaal nahmen diese Gelegenheit wahr – aber sicherlich in der Hoffnung, Raus Erzählungen alsbald wieder „live“ goutieren zu können. 

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