Astor Pantaleón Piazzolla * 11. März 1921 in Mar del Plata; † 4. Juli 1992 in Buenos Aires) war ein argentinischer Bandoneon-Spieler und Komponist
Hans Kumpf schrieb am 26. Juni 1982 in den Stuttgarter Nachrichten über das Berliner „Festival der Kulturen“ u.a.:
… Dem aus der Unterschicht von Buenos Aires stammenden Tango verschafft Astor Piazzolla derzeit durch seine artifizielle Verarbeitung und Modernisierung, gleichsam eine Intellektualisierung des Tangos, erneut ein internationales Renommee. Der Bandoneonspieler – er trat zusammen mit seiner Gruppe in der Philharmonie auf – erinnert in seinen Kompositionen an die mit Geigen schluchzende, folkloristische Zigeunermusik Ungarns, an spanischen Flamenco, an Chopin-Romantizismen, aber auch an die Kontrapunktik, Linearität und Orgel Toccaten von Bach. Piazzolla erwies sich als ein (wenn auch eher zurückhaltender) souveräner Virtuose, spontane Interaktionen wurden allerdings durch die straffen Arrangements nicht gerade gefördert. Immerhin gab es auch hymnisch-dramatische Steigerungen und Jazz-Improvisationen – Piazzolla arbeitete bekanntlich mit dem Baritonsaxophonisten Gerry Mulligan zusammen.
Beschränkte sich Piazzolla auf die instrumentale Tangomusik, so kommt dem Wort beim gesungenen Tango mitunter eminente Wichtigkeit zu. Und da wird oft unverblümt die (traurige) soziale Wirklichkeit in Geschichte und Gegenwart angesprochen. Den traditionellen Tango „Cambalache“ („Dass die Welt ein Saustall war und bleibt, das ist mir schon bekannt…“) wollten die argentinischen Militärs gar wegen seiner „subversiven Skepsis“ verbieten…
Hans Kumpf (1982)
Text und Fotografie von Hans Kumpf – Kumpfs Kolumnen