Vibraphon und Zupfbaß aus der Orgel

Ludwigsburg – Wie bereits 1992 gehörte auch in diesem Jahr der Donnerstagstermin der Ludwigsburger Jazztage der Organistin Barbara Dennerlein. Spielte sie damals in der Musikhalle zusammen mit dem Gitarristen Martin Scales und dem Schlagzeuger Stephan Eppinger, so brachte die bayerische Virtuosin heuer den US-amerikanischen Saxophonisten Rick Keller und den argentinischen Schlagzeuger Daniel Messina mit.

Barbara Dennerlein, geboren am 25. September 1964 in München, gehört längst zu den beständigen Künstlerpersönlichkeiten der internationalen Jazzszene. Mit verblüffender Leichtigkeit traktiert sie die alte Hammond-Orgel vom Typ „B 3“. Immerhin konnte Barbara Dennerlein mittels neuester Technologie das als Fossil verschriene Instrument vom eigentümlichen „Leslie“-Wummer-Sound befreien. Ein MIDI-Anschluß ist ein Muß, Synthesizer-Klänge und digital abgespeicherte Samples lassen sich direkt abrufen. Unübertroffen bleibt die rasante Fußarbeit der feschen Organistin: mit den Pedalen bewerkstelligt sie einen regelrechten gezupften Kontrabaß.

Zuviel Technik und zuviel Verkabelung können jedoch einen Strich durch die musikantische Rechnung machen. Die antike B-3 wollte in Ludwigsburg plötzlich nicht mehr mit der HiTech harmonierten. Barbara Dennerlein nahm die elektronische Störung gelassen, das Publikum blieb geduldig, mit mehr als einstündiger Verspätung konnte das Konzert dann wirklich pannenfrei erneut beginnen.

Dabei hatte Barbara Dennerlein als Opener ihre Eigenkomposition „Easy Going“ gewählt. Gar nichts ging mehr so leicht, als die Orgel ausfiel. Die Bandleaderin rief ihren – auf Strom nicht angewiesenen – Kollegen „weitermachen!“ zu, und so konnte sich der aus Buenos Aires stammende Drummer Daniel Messina mit seinem so nuancierten wie vielschichtigen Spiel profilieren. Und auch der in Syracuse geborene Rick Keller durfte sich unverhofft schnell ausspielen. Auf dem Tenor- und Sopransaxophon blies er sehr flüssig und unterstrich sein Faible für kunstvolle (großintervallige) Sequenzierungen. Wenn die Klangkaskaden auch in beträchtlicher Geschwindigkeit aus den beiden Instrumenten quollen – Keller stand in stoischer Ruhe da.

Die Dackelhündin Samba darf ihre Herrin Dennerlein auf den meisten Tourneen begleiten und hat dabei einen Besen an den Schlagzeugstöcken des schweizerischen Präzisionsperkussionisten Charly Antolini gefressen. So widmete Barbara Dennerlein dem Vierbeiner die südamerikanisch klingende Komposition „Samba and the Drum Stick“. Doch die Orgel-Equipment-Technik spielte immer noch verrückt, wie die Trio-Chefin konstatieren mußte.

Nach einer Reparatur auf offener Bühne war es dann soweit und höchste Zeit für eine schnelle Blues-Nummer, nämlich Charlie Parkers Bebop-Standard „Now’s the Time“. Und da funktionierte die Wunderwelt der Technik: Barbara Dennerlein griff in die Tasten des oberen Manuals und zauberte Vibraphon-Klänge herbei. Mit „God bless the Child“ wurde eine vertraute Ballade interpretiert und ebenfalls mit vielen Improvisationschorussen angereichert.

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