„Tigers of love“

UpArt in Mainz, 16. Oktober 2009

Der Gruppenname „Tigers of love“ führt in die Irre. Das Quartett um den Tenorsaxophonisten Alexander Beierbach spielt aufregenden und originellen zeitgenössischen Jazz. Klangfarbenspiele sind dabei eine Spezialität Beierbachs, die er besonders in den Duos mit dem Trompeter Steffen Faul pflegt. Kurze Unisono-Passagen, meist aber in der Mehrstimmigkeit, duellieren sich die beiden Bläser im Ruf-Antwort-Spiel, umspielen einander oder blasen markante, kraftvolle Riffs, die eine Komposition perkussiv aufteilen. Sie setzen ihre Stimmen ebenso kontrastierend ein, wie sie sich in reizvollen Soundflächen vereinen. Trompeter Steffen Faul liebt markant groovendes und perkussionsbetontes Spiel, wie seine Kompositionen „Portasound 77“ und „La Noche“ beim UpArt-Konzert im „Café 7Grad“ belegen. Auf der anderen Seite unternimmt der Trompeter in der eher swingenden Beierbach-Komposition “Calamar“ sogar kurze Ausflüge, in denen er zwischen ausgesprochen coolen und Bebop-Phrasen pendelt.

Solche swingenden und im Bebop verwurzelten Stücke sind die eine musikalische Seite des Quartetts um Beierbach mit Trompeter Faul, dem Bassisten Denis Jabusch und dem Schlagzeuger Uli Jenneßen. Die andere sind wilde und ekstatische Free-Jazz-Eruptionen mit wilden Stakkati auf den Blasintrumenten über einer pulsierenden Rhythmusgruppe wie in „un amour fou“, dem Beierbach nahtlos und kontrastierend die Komposition „tot“ anhängt. Dieses lyrische, abgeklärte Solo auf dem sonor klingenden Tenorsaxophon und den sparsamen Akkordeinwürfen des Bassist ist ein Relikt der Erlkönig-Vertonung, die Beierbach mit seinem Saxophonquartett „Die vier linken Hände“ für das Goethejahr 1999 in Frankfurt komponierte. In einer „Ballade ohne Titel“ , in der Beierbach kunstvoll die Pausen klingen lässt und gar mehrstimmiges Spie auf dem Saxophon in fließende Läufe einbettet, verziert Faul die Saxophon-Improvisation mit zartem Spiel auf der gestopften Trompete zu sanfter Besenarbeit Jenneßens auf den Fellen und harmonisch reizvollen Basslinien Jabuschs. 

Mit schrägen Disharmonien auf dem gestrichenen Bass, knorrend und knarzend, leitet Jarbusch seinerseits zu flirrendem Becken-Spiel in die Komposition „Die Allwissende“ ein, die Beierbach in Erinnerung an eine Müllhalde aus einer Kinderfernsehserie geschrieben hat. Aus getragenen Soundflächen entwickeln sich frei pulsierende Bläserstakkati und schließlich klangmalerische Elemente über einem anhaltenden Grundakkord des Bassisten.

So fließen bei den „Tigers of love“ die verschiedensten Elemente des zeitgenössischen Jazz zusammen, ohne dass das Quartett der Beliebigkeit zum Opfer fiele. Bebop-Tradition, swingender Mainstream, rockige Passagen und Free-Interaktionen wechseln sich kontrastierend in den komplexen Kompositionen ab. Diese zeichnen sich durch Originalität aus, die vor allem durch Humor gefördert wird. Dass Jenneßen dann auch mal auf seinem Schuh trommelt, ist dafür ein kleines äußeres Zeichen. Leider übertönt der im „Time“ präzise und zugleich variable Schlagzeuger beim Mainzer Konzert hin und wieder mit lauten Power-Breaks die Bläser und den Bassisten.

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