Text & Fotografie: Klaus Mümpfer
Romantik mit freien Expressionen
Duo-Konzert mit Sebastian Sternal und Claudius Valk in der Mainzer Hochschule für Musik
Pianist Sebastian Sternal tupft sanft einige Noten, bevor Saxophonist Claudius Valk mit dem Tenorsaxophon das Thema aufgreift, die Harmonien verbiegt und wendet. Die beiden Künstler zeigen wie durch Variationen in dieser „Liebeserklärung an Mainz“ aus dem schlichten Ernst-Neger-Kinderliedchen vom „Heile, heile Gänsje“ ein jazzig-kammermusikalisches Kleinod entsteht. Es ist der fast sentimentale Abschluss eines Benefizkonzertes für die „Stiftung Gymnasium Moguntinum“ in der Mainzer Hochschule für Musik. „Ich möchte mit diesem Konzert ein wenig zurückgeben, was ich dieser Schule zu verdanken habe“, sagt der Jazzprofessor, der am Mainzer Rabanus Maurus Gymnasium sein Abitur ablegte. „Inzwischen hat der noch junge Pianist mehrere Preise und einen Jazz-Echo errungen.
Zwei Romantiker haben sich gefunden, in deren Brust zugleich ein Herz für freie und expressive Improvisationen schlägt. Zwar ist diese kammermusikalische Entdeckungsreise vor allem durch meditative Klangfarben und Rhythmen geprägt, die jedoch durch sperrige, überblasene und eruptive Soloausflüge aufgebrochen werden. Valk bläst auf dem Tenor- und dem Sopransaxophon melodische und sanfte Läufe, zugleich aber auch aufgeraute Unter- und spitze Obertöne, nutzt die Atemgeräusche und Schnalzlaute in der Slaptechnik, das Spiel mit den Klappen an seinem Instrument und überblasene Sounds. Sternal kostet elegant die Fülle des Grand Piano in schnellen Läufen und rollenden Bässen aus, hämmert Blockakkorde in die Tasten, tastet suchend nach Single-Notes und reißt im Innern des Flügels Saiten an, um in „Zwei“ die Klangexperimente seines Partners auf dem Saxophon abzurunden.
Das Konzert beginnt mit einer noch titellosen Sternal-Komposition im Drei-Viertel-Takt. Melodisch und lyrisch, mal leicht gehaucht im Tenorsaxophon, dann kraftvoller im Duo. Die beiden Künstler verschränken den Standard „Don´t explain“ der Jazz-Sängerin Billie Holiday mit der Eigenkomposition „VII“ des Pianisten. Der verspielten und cantablen Passage folgen ein kontrastierendes rollendes Zwischenspiel sowie ein Up-Tempo-Lauf mit Akkord-Schichtungen auf dem Flügel und Saxophon-Schreien. Wechsel von treibenden, freien Passagen und singbaren Linien kennzeichnen auch die Bearbeitung von Cole Porters „You do something to me“. Balladesk mit vollem und rundem Ton des Tenorsaxopohons, schwebenden Sounds und sparsamen Klaviersprengsel packen die beiden Musiker in die frisch bearbeitete Komposition „Zwo“ von Claudius Valk. In seiner Komposition „Bandscapes“ bläst Valk das Sopransaxophon mit emotionaler Intensität, um gemeinsam mit dem Pianisten in der Ballade „III“ von Sternal trotz schnellem Mittelteil mit wuchtigen Akkordeinwürfen auf dem Flügel wieder zur ruhigeren Gewässern mit leichtem Klassik-Touch zurückzukehren.
„Lichtspielhaus“ ist der übergeordnete Titel des Konzertes der beiden für das diesjährige Finale des „Neuen Deutschen Jazzpreises“ nominierten Künstler. Er ist zugleich die letzte Komposition in diesem aufregenden Konzert – mit einer Up-Tempo-Reminiszenz an den Klavierspieler in früheren Film-Theatern. „Es ist mir ein Anliegen, aussterbende deutsche Worte zu ehren“, erläutert Sebastian Sternal, der zugleich seinem Freund Valk dankt, dass dieser spontan bereit gewesen sei, ihn in diesem Benefizkonzert zu begleiten.