Peter Herbolzheimer mit Rhythm Combination & Brass im Frankfurter Hof in Mainz

Seit die Krankheit ihn zwang, die Posaune wegzulegen dirigiert Peter Herbolzheimer seine Rhythm Combination & Brass nur noch ¬ mit sparsamen Gesten, aber effizient. Mal hebt mal die Hände, deutet mit den Fingern Kreise an oder streichelt im Takt seinen „Kugelbauch“ unter dem dunklen Jackett. Mehr Anleitung braucht die glänzend eingespielte Bigband nicht. Manche der Musiker sind seit mehr als 15 oder 20 Jahren in der Formation – so Jörg Reiter, der Romantiker am Piano, der ausdrucksstarke Saxophonist und Klarinettist John Ruocco oder Heinz von Hermann mit seinen arabesken Flötenlinien. Junge Talente wie der Saxophonist Oliver Leicht bestechen mit expressiven Soli ebenso wie mit fließenden Linien, Andreas Haderer steigt mit gleißendem Glanz auf der Trompete mühelos in die High-Note-Lagen.

Die begeisterten Zuhörer im Frankfurter Hof in Mainz hören an diesem Abend wundervolle Balladen wie „My Funny Valentine“ mit der Sängerin Judy Niemack, die aber auch in „Them There Eyes“, einem typischen, pulsierenden Bigband-Thema, vor dem kraftvollen Orchestersound intonationssicher scattet. Neben vereinzelt sanft heraufschwebenden Bläsersätzen und gestopften Trompeten wie in Bart van Liers Komposition „Memories Of The Future“ ist viel sattes Blech zu hören. Knackige und präzise Bläsersätze, die mit voller Wucht das Publikum geradezu anspringen. Schneidend und akzentuiert, rhythmisch zupackend. Peter Tiehus lässt in Herbolzheimers hüpfendem „Hip-Walk“ die Gitarre in Glissando-Läufen jaulen, heiß und kochend ist das Altsaxophon-Solo von Klaus Graf, erdig-trocken der Bass von Ingmar Heller.

In „Con Alma“ reizt Schlagzeuger Bruno Castellucci mit nahtlosen Wechseln zwischen verquerer ungerader Gegenläufigkeit und straightem Spiel die rhythmischen Möglichkeiten der raffinierten Arrangements aus. Herbolzheimer ist ein Meister darin, Klangfarben aufquellen, lang gezogene Linien glühen, Rhythmen pulsieren und Sounds explodieren zu lassen.

Das Programm ist konventionell aus Standards der Jazzgeschichte und nur wenigen Eigenkompositionen zusammengestellt. Das Publikum erkennt „Stomping At The Savoy“ von Sampson, Webb und Goodman, Charlie Parkers „Au Privave“ mit der perlenden Intro des Pianisten Jörg Reiter und den markanten Bebop-Riffs der Bläser, den fließenden Soli des Saxophonisten Oliver Leicht und des Posaunisten Marc Godfroid sowie dem marschierenden Kontrabass Ingmar Hellers. Haderer und Leicht finden sich unisono in dem Up-Tempo-Stück „Things To Come“. Herbie Hancocks „Dolphin Dance“ ist zu hören und das in spanischen Rhythmen sprühende „La Fiesta“ mit dem flirrenden Flötenspiel von Hermanns.

Diese große Bandbreite des Repertoires von der brasilianischen Samba über Swing bis Bebop spricht offensichtlich noch immer genug Jazzfans an, um – auch mit ein wenig Sponsoring von Skoda – eine Bigband am Leben halten zu können. Die Herbolzheimer-Fans sehen dabei darüber hinweg, dass die einst so schlagfertige und amüsante Moderation des Bandleaders zwischen den Stücken inzwischen ein wenig ins Stocken gerät. Jedenfalls ließ es „Old Kugelbauch“ nicht ohne mehrere Zugaben von der
Bühne.

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