Kenny Wheeler (alle Fotos: Schindelbeck)
Tim Allhoff Trio gewinnt Neuen Deutschen Jazzpreis
Bodek Janke wird als bester Solist gekürt
Kurator Kenny Wheeler spielte gefeiertes Eröffnungskonzert
Sehr gut besucht war schon der erste Abend beim Neuen Deutschen Jazzpreis– erfahrungsgemäß wurde es beim zweiten – dem Wettbewerbs-Abend – noch voller und damit können die Veranstalter glücklich feststellen, dass auch die fünte Ausgabe des NDJ Mannheim ein Erfolg war.
Traditionell steht der Eröffnungsabend der Veranstaltung in Mannheim unter zwei Prämissen: Der Kurator spielt mit einer seiner Formationen und regionale Musiker der Metropolregion stehen ebenfalls auf der Bühne. Was in den vergangenen Jahren in der Regel getrennt ablief, wuchs am 12. März in der Alten Feuerwache Mannheim zusammen. Kenny Wheeler hatte die hervorragende Sängerin Diana Torto aus Italien mitgebracht und den Komponisten, Arrangeur und Dirigenten Paulo Silvestri, der im zweiten Teil des Abends die Bigband dirigierte.
Dramaturgisch geschickt steigerte sich die Anzahl der Mitspieler im Laufe des Abends von einer kleinen Quartett-Besetzung (mit Judith Goldbach am Bass und Volker Engelberth am Flügel) bis hin zur Bigbandstärke vonKicks’n’Sticks, jener Bigband, in der seit Jahren lokale Größen wie Claus Kiesselbach oder Olaf Schönborn, Gary Fuhrmann… ihr musikalisches Wesen treiben.
Kenny Wheeler ist vor kurzem 80 Jahre alt geworden und dieses Alter sieht man ihm an. Er schleppt sich mühsam am Stock zu seinem Platz im Zentrum der Bühne, Diana Torto legt ihm fürsorglich die etwas größeren Notenblätter zurecht, hinter denen er fast verschwindet, und dann bangt der Zuhörer ein wenig in Erwartung dessen, was wohl aus seinem Flügelhorn erklingen mag.
Und er ist glücklich, wenn aus dem Horn ein frischer, manchmal fast schon jugendlich klingender Trompetensound sprudelt. Mit variantenreichen musikalischen Ideen, mit Linien voller schöpferischer Kraft von Kenny Wheeler gezielt und konzentriert gespielt.
Das ist nicht makellos, kann es auch gar nichts sein, bei einem Instrument, dass schon rein physisch von seinem Spieler viel abverlangt an Lippen- und Lungekraft. Aber genau dieses Fordern und die Anpassung ans noch Mögliche schafft den Zauber der Verbindung zwischen Instrument, Musiker und Zuhörern. Kenny Wheelers Flügelhornspiel ist genau auf den inviduellen Punkt gebracht. Es ist beeindruckend, wie sich der Musiker den Abend hindurch im Mittelpunkt des musikalischen Geschehens hält – von der eher intimen Quartett-Bestzung mit der starken Diana Torto als ebenbürtiger Partnerin bis in die größeren Besetzungen bei denen er sich nicht in der „musikalischen Masse“ versteckt sondern offensichtlicher und hörbarer Mittelpunkt bleibt.
Florian Ross (p), Rainer Köhl (Feder), Eichbaum (Bier), Diana Torto (voc), Kenny Wheeler (flgh)
DER WETTBEWERBSABEND
Gut waren sie alle. Das Mannheimer Publikum war am Abend des Wettbewerbs reichlich in die Alte Feuerwache geströmt um aus den nominierten Bands, dem Olivia Trummer Trio (Olivia Trummer, p; Bode Janke, dr, perc; Antonio Miguel, b), dem Trio 120 (Wolfgang Fuhr, ts; Dietmar Fuhr, b; Florian Ross, p) und dem Tim Allhoff Trio (Tim Allhoff, p; Andreas Kurz, b; Bastian Jütte, dr) die Siegerband und den besten Solisten zu wählen.
Olivia Trummer Trio
Das Olivia Trummer Trio bestritt den Auftakt. Den „opening act“ zu bestreiten könnte keine leichte Aufgabe sein aber dem Trio um die junge Pianistin und seit neuestem auch Sängerin gelang der Einstieg mühelos. Vielleicht mehr als alle anderen Bands des Abends ist die Formation auf die Leaderin zugeschnitten. Ein offensichtlich großes Talent, dass sich vielleicht ein wenig zu vielseitig zeigt: Eine enorme Klavierbegabung, mit tollen Kompositionen und jetzt singt sie auch noch. Englisch und Deutsch. Und die Texte sind selbst geschrieben, natürlich…
Alles ein bisschen viel, ein wenig zu sehr auf Olivia Trummer fokussiert – hätte sie sich selbst etwas zurück genommen und noch mehr auf den Dialog mit ihren Mitmusikern, vor allem Janke, eingelassen, dann wäre mehr möglich gewesen. Denn in diesen Momenten war die Band, *als Band* ganz exzellent.
Wolfgang Fuhr mit seinem Bruder Dietmar – der schon vor zwei Jahren mit Frank Sackenheim im Finale des NDJ spielte – und Florian Ross am Piano spielten das zweite Set.
Wolfgang Fuhr
Florian Ross
Dietmar Fuhr
Für mich die beste Band des Abends. Das schlagzeuglose Trio überzeugte zwar nicht die Mehrheit des Publikums in der Alten Feuerwache aber sie lieferte sich ein enges Match mit dem Tim Allhoff Trio und Dietmar Fuhr wurde Zweiter der Solistenwahl.
Tatsächlich wäre jeder aus dieser Band in der Solistenkategorie gut gewählt gewesen – ich hörte einige Stimmen, die Florian Ross als besten Pianisten des Abends nannten – und es ist das Besondere des Trios, dass trotz oder gerade wegen der Klasse jedes einzelnen Musikers die Drei den geschlossensten Auftritt boten.
Eine perfekt ausbalancierte Mischung aus starken Kompositionen und größtmöglichem Freiraum im Zusammenspiel, aus engem Dialog und individuellem Ausdruck jedes Mitspielers. Dem Geist des Jazz war diese Band am nächsten: Mehr Kreativität und Improvisation geht nicht.
Tim Allhoff Trio
Es gewann das Trio um den Pianisten Tim Allhoff. Die aktuelle CD der Band ist in der Jazzthing Next Generation Edition erschienen und das damit verbundene „Angesagtsein“ spiegelte sich auf der Bühne. Knackige Themen – ja, mich erinnerte das schon an das Esbjörn Svensson Trio, sorry, dass ich es erwähnen muss -mit Bastian Jütte am Schlagzeug einer, der auch mit anderen Bands (Martin Auer, Indiejazz, Enders Room beispielsweise) mit Macht den Weg in Richtung „Pop“ bahnt.
Im Sinne eines wertfreien „populär“: keine Easy Listening Musik aber doch zu einem Jazz, der eben einigermaßen „süffig“ daherkommt, konsensfähig vom engeren Jazzkreis bis weit in einen Bereich hinein, den die „puren Jazzer“ nicht erreichen. Jazz, den man konzentriert hören kann, weil er exzellent komponiert und gespielt ist, der die Hörer aber auch mitnimmt in seinem durchgängigen Groove.
Folgerichtig, dass der Publikumspreis letztlich bei dieser Band landete, die das breiteste Segment eines gemischten Jazzpublikums ansprach.
Tim Allhoff
Eine Bestätigung auch des Riechers des Kuratoren Kenny Wheeler, der eine scheinbar etwas einseitige Auswahl (müssen es denn unbedingt drei Pianotrios sein?) zu einer spannenden und hochklassigem Wettbewerb zusammenstellte.
SOLISTENPREIS
Mit einer Stimme Vorsprung setzte sich Bodek Janke gegen Dietmar Fuhr durch. Eine gute Wahl – und eine nicht untypische dazu. Ohne nachzuschlagen fallen mir mindestens zwei Schlagzeuger ein, die in den vergangenen Jahren den Solistenpreis abräumten und wenn ich auch nicht die tiefe und bedingungslose Liebe des Jazzpublikums zu dieser Musikerspezies immer teile: Janke gehört wirklich zu den Guten…
Kenny Wheeler & Olaf Schönborn
Im fünften Jahr des Neuen Deutschen Jazzpreises darf man mit Freude feststellen, dass sich das mittlerweile hohe Niveau der vergangenen Jahre mühelos gehalten hat.
Der Wettbewerbsabend ist in der Metropolregion Rhein-Neckar eine „Muss-man-hin“ Veranstaltung geworden und wohlgelaunte Sponsoren auf der Bühne – inklusive Finanzierungsversprechen fürs kommende Jahr – fröhliche Veranstalter und zufriedene Musiker – glückliche Gewinner und hervorragend Zweit- und Drittplatzierte lassen mit Vorfreude aufs kommende Jahr schauen.