Text & Fotografie: Klaus Mümpfer
Die Geigerin Martina Eisenreich streicht die Saiten ihres Instruments mit schmachtendem Schmelz, lässt sie unter dem vibrierenden Bogen flirren, zupft Pizzicato-Folgen. Gemeinsam mit dem Percussionisten Wolfgang Lohmeier, dem Bassisten Stephan Glaubitz und dem Gitarristen Christoph Müller führt die kreative Komponistin das Publikum beim Gemeinschaftskonzert des Wörrstädter Kulturkreises und des Jazzclubs Rheinhessen in unbekannte Soundwelten, verführt die Zuhörer in der Neubornhalle mit Tonpoesie und Klangfarbenspiele. Es ist Gipsy, Swing, Klassik, Klezmer und fernöstliche Folklore zugleich.
Der Stilmix des Quartetts mag manchem der Jazzfans zu beliebig sein, doch er ist eigenständig und mitreißend. Die ständigen Wechsel des Tempos, das An- und Abschwellen der Dynamik faszinieren. Die Vielfältigkeit der Instrumentierung von der Trompetengeige und Violine, den Akustik-, Elektro- und Dobro-Gitarren bis zum Wasserphone mit seinen Metallstäben, der südamerikanischen Metalltrommel Sudro, den Glöckchen und den Rahmentrommeln lassen überraschende Klangwelten erfahren, in denen Eigenkompositionen wie „Giovanni“, Bearbeitungen wie „Tetris“ oder Arrangements wie „Schwarze Augen“ und die Filmmelodie „Liebling, mein Herz lässt dich grüßen“ gleichberechtigt zuhause sind.
Die Stimmung ist gelöst und heiter, was sicher der charmanten und humorvollen, zeitweise aber auch etwas zu langatmigen Moderation der Bandleaderin zuzuschreiben ist. Andererseits agieren die Musiker in sensibler Kommunikation, spielen ihre Parts mit virtuoser Technik und einem gehörigen Schuss Selbstironie. Dies gilt ebenso für die mongolische Folklore „Sagaan Subraga“, in der Bassist Glaubitz seinen „OM“-Grundton in den Verstärker der hingehaltenen Geige singt, wie für „Duelling Banjos“, in dem nacheinander Geige und Bass mit der Gitarre sowie das Percussionsinstrumentarium mit allen anderen in Ruf-Antwort-Duetten antreten. Betont eingesetzt wird die musikalische Persiflage in „Die Chance“, einer Komposition, die dem Percussionisten Lohmeier mit seiner Spieldose, der Eierschneider-Harfe und den oralen Windgeräuschen am Mikrofon gewidmet ist.
Dramatische Klangfarbenspiele bestimmen die Filmmusik „Mondmann“, die Martina Eisenreich im Jahr 2007 für ein Drehbuch von Toni Ungerer komponiert hat. Mit gestrichenen Klangstäben, flirrendem Strich auf der Geige, Dobro-Klang und Bass erklingt die Titelmelodie ihrer neuen CD „Contes de lune“. Schwebende Akkordlinien auf der Gitarre harmonieren mit dem Bogenstrich auf dem Kontrabass und dem schmeichelnden, später rauen, knarzenden Ton auf der Geige in der Müller-Komposition „If“. Süß und sentimental führt die Geige in „Tante Käthe“ ein, bevor die Musiker mit einem Tempowechsel in schnelle Passagen überleiten. Gleiches gilt für „Yankele“ mit seiner Verwurzelung in der Klezmer-Tradition.
Das Publikum spendet reichen Beifall, klatscht bei bekannten und temporeichen Stücken mit und erzwingt zwei Zugaben.