Jazzsplitter 110124

Einzelne Spatzen pfeifen es von irgendwelchen Dächern: am 18.11.2011 soll Sonny Rollins im Pfalzbau Ludwigshafen aufspielen. Der Jazzblogger weiß nicht, ob das Konzert im Rahmen von Enjoy Jazz statt findet aber zeitlicher Rahmen und Veranstaltungsort sprechen doch sehr dafür. In den vergangenen Jahren fiel Rollins Name des öfteren, wenn es darum ging die Liste der Enjoy Jazz Top-Acts der Vorjahre zu ergänzen. Und diesmal scheint es so zu sein – freuen wir uns auf den „Saxophone Colossus“. Zumindest solange, bis sich der Termin doch als Gerücht erweist ;-)

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Kein Gerücht, sondern eine handfeste Ankündigung:

„Schönborn’s Surprise“ – Neue Veranstaltungsreihe im Café Prag in Mannheim

In der ersten Saison (bis Mai) stellt der Mannheimer Saxophonist  verschiedene Projekte vor, bei denen er selbst auch mitspielt. Die Mehrzahl davon werden extra für den „Surprise-Abend“ zusammengestellt. Olaf Schönborn sieht die Konzert-Reihe als „Spielwiese“, bei der er mit anderen Neues ausprobieren möchte und Spaß für Zuhörer und Musiker entsteht.

Die Saison beginnt am 03.02.2011 nter dem Motto „Two is a crowd“ mit einem Duo mit dem Gitarristen Wesley G. (ein Debut in dieser Besetzung)

Am Do 03.03.2011 gilt dann „aller guten Dinge sind drei“: Grooviges Hammond Orgel Trio mit Allen Blairman (dr) und dem  Organisten Wolfgang Roggenkamp aus Oldenburg – ebenfalls ein Konzertdebut in dieser Besetzung
Am 07.04. „Four on the Floor“ Das Saxophonquartett FINEFONES mit

Peter Lehel (Sopransax)
Olaf Schönborn (Alto Sax)
Christian Steuber (Tenor Sax)
Pirmin Ullrich (Bari Sax)

Am 05.05. Ist das Motto „Five Miles out“ die Besetzung ist noch nicht fix.

Findet man das nun weniger gut oder gar nicht so toll, wenn Schauspieler und/oder Autoren sich dem Jazz zuwenden? Erinnert sich jemand noch an das Katja Riemann Oktett oder erfreuen sich auch im Jahr 2011 noch Menschen an Wiglaf Drostes Versuchen mit dem Spardosen-Terzett? Helge Schneider ist immerhin recht nah am Jazz und darf eh alles, aber ihn deswegen – wie gelegentlich schon zu lesen war – als „genialen Jazzmusiker“ zu bezeichnen?

Egal…

Jetzt widmet sich also der Schauspieler August Zirner dem Jazz und bringt „Eine Geschichte des Jazz in Wort und Musik“ auf die Bühnen. Sein Zitat dazu: „Monk, Mingus und Roland Kirk waren radikale Individualisten, sie waren Sprachsuchende, die Schwierigkeiten mit verbaler Kommunikation hatten. Ich habe die Nähe zur Sprache und die Sehnsucht nach Musik.“

Ein musikalisch-literarisches Bühnenprogramm ist zu erwarten und den Jazzlegenden Thelonious Monk, Charles Mingus und Rahsaan Roland Kirk sind sie auf der Spur. „Drei radikale Individualisten und ausgegrenzte Gestalten“ die deshalb von besonderem Interesse sind, weil sie „abseits der Bühne nur zu einer gebrochenen, unvollkommenen, disharmonischen Kommunikation fähig waren: autistisch der eine (Monk), blind und krank der andere (Kirk), gewaltig und unersättlich der dritte (Mingus).“

Aha! Solch unbequeme Schubladen werden für die drei Herren aufgezogen und mit leichter Gewalt lassen sie sich ebenda verstauen. Hat schon was, die Gleichung „blind und krank“ = „gebrochene, disharmonische Kommunikation“. Irgendwie passt das bestens ins kakophonisch-disharmonische Jazzklischee – Musiker wie Zuhörer sollten schon etwas neben der Spur sein, sonst ist’s gar kein richtiger Jazz. Und dann vielleicht noch ein Saxophon. Zur Not tut’s auch eine Querflöte.

Und weiter geht’s in der Presseinformation:

„Anhand von literarischen Skizzen, die August Zirner aus biographischen Quellen (siehe unten) und Liner Notes zusammengestellt hat, erkundet der Schauspieler die Nahtstellen zwischen Sprache, Musik und Leben der drei Jazzmusiker. „Diagnose: Jazz“ gewährt aber auch Einblicke in eine soziale Wirklichkeit der 50er Jahre, die von Gewalt, Rassismus und dem starken Wunsch nach Erlösung geprägt ist. Da ist zum Beispiel die Geschichte eines Messers und Feuerwehrbeils in einem Konzert, die Duke Ellington dazu veranlasste, Charles Mingus zu kündigen. Oder Polizisten, die Monks Finger auf das Übelste mit Knüppeln traktierten. Und die Legende, dass bei Mingus Tod, der mit 56 Jahren starb, 56 Wale an der Küste strandeten.“

Von 56 Walen bis hin zum musikalisch virtuosen Spardosen-Terzett, „unterstützt von der Querflöte Zirners, der großes musikalisches Können beweist“ wartet eine „perfekt inszenierte Geschichte des Jazz in Wort und Musik“ auf ein Publikum.

Genug Geläster, im Zweifel: Hingehen. Zuhören. Selbst-ein-Urteil-bilden.

Mary Halvorson / Foto Schindelbeck

Selbst gebildet ist das Urteil über Mary Halvorson: Klasse! Und aus diesem Grund möchte ich folgendes Konzert empfehlen (obwohl, ähem, „leichter Ethno-Touch“ ja nicht zwingend empfehl…) – also doch auch hier – im Zweifel: Hingehen. Zuhören. Selbst-ein-Urteil-bilden. Im besten Fall gibt’s ein Konzert, von dem man später, im Alter sagen kann: Ich war dabei, damals in Mainz, als Mary Halvorson sich nach dem Konzert noch mit Menschen aus dem Publikum unterhalten hat…

20. Februar 2011 | 20:00 | Café 7° in der Kunsthalle am Zollhafen | Mainz |

Mary & Jess

Mary Halvorson – electric guitar, vocals

Jessica Pavone – violin, viola, vocals

„Die beiden Ausnahmemusikerinnen, die beide dem Dunstkreis der Wesleyan University entstammen und sich auch bereits als Bandleaderinnen verschiedener eigener Formationen profiliert haben, sind so etwas wie die Shootingstars der New Yorker Szene. Ihre sehr eigenständige Musik bewegt sich zwischen kammermusikalischem Jazz und ambitionierten Popsongs mit leichtem Ethno-Touch. Mary Halvorson war zuletzt im Rhein-Main-Gebiet in grandiosen Auftritten mit Anthony Braxtons Diamond Curtain Wall Trio und mit Marc Ribots Sunship zu hören. Das Konzert von Mary & Jess im Cafe 7° wird das einzige Konzert in Deutschland auf einer kleinen Europatour sein und verspricht ein absolutes Highlight zu werden!“

3 Gedanken zu „Jazzsplitter 110124“

  1. An alle Halvorson Fans (zu denen auch der Jazzblogger gehört! :-)): Im nicht ganz so ungwohnten musikalischen Umfeld wie oben beschrieben findet man Frau Halvorson am 10. April im Hofheimer Jazzkeller – mit ihrem fantastischen Trio (John Hebert, Ches Smith)

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