Gauck solo und Ignatzek-Poser-Duo beim BlueNite-Festival in Worms 9. November 2002

Florian Poser lässt in den schnellen, dunkel timbrierten Wirbeln den warmen Holzklang des Marimbaphons wirken. Kleine Gegenläufigkeiten bringen Spannung ins Spiel. Klaus Ignatzek antwortet unterdessen in „Springtime“ mit kurzen Akkordeinwürfen, die in verspielte, klassizistisch angehauchte Melodiefragmente münden, bevor er zu einem schnellen Lauf ansetzt. Bei kurzen Uni-Sono-Passagen von Piano und Marimbaphon in den hohen Lagen perlen die Tonfolgen hell und transparent aus den Instrumenten. Das Duo aus dem Oldenburgischen versteht sich blind. Die Musik swingt und bohrt sich in die Gehörgänge der Zuschauer beim BlueNite-Jazz-Festival in der ehemaligen Militärkapelle auf dem Wormser Konversionsgelände. Ganz anders „Moin, Moin“, ein sperriger Blues mit wuchtigen Bassakkordblöcken auf dem Piano und kraftvollem Vier-Klöppel-Spiel auf dem Vibraphon. Phantasiereich kommunizieren die beiden Musiker im Ruf-Antwort-Spiel, präzise in den Uni-Sono-Passagen. Groovend treibt das Stück zu einem mächtigen Finale.

Die Kombination von Piano und Vibraphon oder Marimbaphon ist ungewohnt, hat sich vielleicht gerade deshalb seit dem Debut der beiden Musiker im Jahre 1985 mit „Music for grandpiano and vibes“ gehalten. Die stilistische Bandbreite erlaubt den Künstlern einen eigenen unverkennbaren Sound, in dem musikalische Spielarten von der Romantik über Swing und Latin bis zum Bebop zusammenfließen. Ignatzek und Poser weben dichte und intensive Klangteppiche, die dennoch stets die Fäden erkennen lassen. Da schweben die Vibraphonklänge in Horace Silver´s „Peace“ zart durch den Raum, tupft der Pianist kleine Single-Note-Figuren in die Tasten, pflegt das Duo den lyrischen und melodiösen Charakter der Komposition. In „Polar lights“ wiederum wechselt Poser von Vibraphon zu Marimbaphon, während Ignatzek das akzentuierte Klöppelspiel mit ostinaten Melodiefiguren unterstreicht. So fügt sich romantisch Balladeskes zu komplexem Swing, Motivforschreitungen und Harmonieumschichtungen zu percussiven Attacken. Reizvoll, aber vorhersehbar.

Eingeleitet hatte das Konzert der Wormser Bassist Ralf Gauck mit einem Solo-Set, in dem nun gar nichts in der melodischen und harmonischen Entwicklung vorhersehbar war. Wohlbekannte Kompositionen wie „House of the rising sun“ oder den Beatles-Song „Yesterday“ reduzierte der Künstler auf ihren Kern und baute auf diesen Harmonien sein meist filigranes, ab und zu auch kraftvoll percussives Solospiel auf. Gauck liebt die Flageolett-Griffe, mit denen der Obertöne erzeugt, das schwebende Vibrato und die langgezogenen Blue-Notes. Auf dem gitarrenähnlich Akustik-Bass greifen seine Finger straight marschierende Läufe oder zupfen Harmonievariationen mit überraschenden Wendungen. Das gilt für den „c-moll-Blues“ ebenso wie für „Mr. Haden“, dessen kammermusikalisch freies Spiel auf dem Kontrabass Gauck ebenso beeinflusst hat wie der melodiöse und lyrische Gitarrensound eines Pat Metheney oder das Basis-Akkordspiel eines Bill Frisell. Mal klassisch inspiriert, mal folkloristisch swingt und tänzerisch ist seine Komposition „Biowetter“, kraftvoll percussiv klopft Gauck den Korpus des Instruments in „Eight years“, bevor er die hart angerissenen Saiten knallen lässt.

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