STUTTGART. Peter Herbolzheimer, Albert Mangelsdorff, Klaus Doldinger und beispielsweise Max Greger haben es schon. Nun wählte der Bundespräsident einen weiteren Jazzer für eine hohe staatliche Auszeichnung aus: ab dem 17. Oktober 2001 darf sich der in Konstanz lebende und in Stuttgart dozierende Jazz-Professor Bernd Konrad mit dem Bundesverdienstkreuz schmücken.
Als Interpret in der Jazz-Szene als auch im Genre der Zeitgenössischen Musik hat sich der Klarinettist und Saxofonist Bernd Konrad längst durchgesetzt. Doch die Universalität Konrads manifestiert sich nicht allein durch das Niederreißen der Barrieren zwischen Jazz und Neuer Musik, vielmehr agiert der Jazz-Professor auch noch als Komponist, Dirigent, Musikerzieher, Autor und Festivalgestalter.
Ins helle musikalische Rampenlicht trat der am 20.Juli 1947 in Dammfleth bei Hamburg geborene Bernd Konrad im Jahre 1968, als er den 1. Preis bei einem Jugendwettbewerb des Bodenseesinfonieorchesters gewann und dann mit diesem Klangkörper das f-moll-Klarinettenkonzert von Carl Maria von Weber aufführte. Kurz drauf begann er sein Studium an der Musikhochschule in Stuttgart, und dort avancierte er alsbald zu einem Verfechter für Jazz und Zeitgenössische Musik. Er wirkte in seiner musikalischen Sturm-und-Drang-Zeit im hochschuleigenen „Ensemble für Neue Musik“ mit und betätigte sich anfangs in den Formationen „Frédéric Rabold Crew“, „Blow“, „New Jazz Ensemble“, „Clarinet Contrast“ und im eigenem Quartett. Zu Wolfgang Dauners „Radio Jazz Group“ wurde der versierte Instrumentalist eingeladen, und auch in den Studios anderer ARD-Anstalten stand er vor den Mikrofonen. Für Radiosendungen konzipierte Bernd Konrad zahlreiche Hörspielmusiken.
Für die SDR-Big-Band schrieb er effektvolle Kompositionen, so eine „Suite für Jazztrio und Orchester“ und „The Whale“ (für Mob Dick). Nicht minder Monumentales widmete er den außergewöhnlichen Künstlerinnen Marylin Monroe und Billie Holiday. Konrads Werke für große Besetzungen zeichneten sich stets aus durch ihre Feinnervigkeit, der eingehenden Auseinandersetzung mit Mikrostrukturen und durch ihre dramatischen Entwicklungsbögen.
Auch in seinen instrumentalen Aktivitäten gibt sich Konrad universell: Außer der normalen B-Klarinette handhabt er Bass- und Kontrabassklarinette sowie Sopran-, Tenor- und vor allem Basssaxofon. Mehrklänge, eruptives Spiel, Coltrane-Hymnen, bullig-knorrige Phrasen – die unterschiedlichsten Klangfarben entlockt Konrad seinem Instrumenten-Arsenal und überzeugte stets in Solo-Exkursionen, wo der Trick mit der Zirkularatmung eigentlich nie fehlt. Immer wieder ist es für ihn reizvoll, mit legendären Jazz-Leuten zu musizieren – mit Hans Koller, Lee Konitz oder Ellington-Musikern etwa.
An der Stuttgarter Hochschule für Musik gründete er Mitte der 70er Jahre eine Big Band, die dann von Erwin Lehn weiter geführt wurde. Nach wie vor leitet Konrad das Landesjugendjazzorchester Baden-Württemberg, mit dem er viele Tourneen durch Afrika und Asien unternahm. Aus dem bestens subventionierten Band-Projekt „Südpool“ ging ein eigenes Festival hervor, das jeweils Mitte August in Stuttgart stattfindet. Im Lauf der Jahre konnte Bernd Konrad etliche Preise einheimsen, darunter den begehrten SWF-Jazzpreis.
Als berühmtester Bewunderer von Bernd Konrad mag übrigens (Dixieland-Klarinettist) Woody Allen gelten. In seinem Film „Hannah und ihre Schwestern“ (1985) betreibt der schauspielernde Regisseur ganz bewusst „product placement“ mit der Konrad-LP „Traumtänzer“, die der New Yorker Stadtneurotiker zuvor intensiv angehört hatte.
(Oktober 2001)