Dieter Arnold Trio in Rüsselsheim, 7. Oktober 2007

Das Solo des Tenorsaxophonisten Eric Plandé entlädt sich in ekstatischen Aufschreien, die Schläge des Drummers Dieter Arnold hämmern einen durchlaufenden Beat oder pulsieren frei vom Metrum über den gestrichenen Becken. Als Dritter im Bund steuert Bassist Christian Spohn eine klangmalerische Arco-Passage auf dem elektronisch aufgepeppten Instrument bei. Das neue Trio des Schlagzeugers Arnold steigert den Sound im intimen Rund des Rüsselsheimer Jazz-Cafés „das Rind“ zu einem heftigen Klanggewitter. Extreme Dynamiksprünge, intensive Stakkato-Läufe auf dem Saxophon und der Wechsel zwischen gestrichenen sowie gezupften, teils mit knallender Slaptechnik angerissenen Saiten kennzeichnen die großteils notierten Kompositionen Arnolds, die dann teilweise im Trio ausgearbeitet und mit viel Freiheit zur Improvisation interpretiert werden.

Spohn arbeitet, wo er darf, mit Klangverfremdungen durch Loops und Schleifen, Plandé mit Echos und Hall. Dennoch bleibt der späte Hardbop mit kleinen Ausflüge in den freien Jazz Grundlage der Musik. Stimmungsprägend ist über weite Strecken hinweg der Saxophonist, der den legendären John Coltrane mit seinen „Sheets of Sound“, jenen rasanten Reihen kleiner Tongruppen, verinnerlicht und in eigenständiger Form umgesetzt hat. Sein emotionales und ausdrucksstarkes Spiel von den tiefen Lagen bis zu den überblasenen Highnotes entspannt sich immer wieder bei melodischen Linien in den Mittellagen. Auf der Bühne des „Rind“ windet sich der Franzose, beugt den Oberkörper vor, als wollte er den Akkordfolgen nachlauschen.

Spohn lässt bei Up-Tempo-Stücken wie „schlipp-schlapp“ den Bass gradlinig marschieren und bricht dieses Straight-Spiel mit rasender Slap-Technik auf, wenn die Saiten angerissen werden und auf den Hals zurückknallen. In „rue dardanielle“ beginnt das Trio in bester Hardbop-Tradition mit Themenvariationen, bevor Arnold dem Bassisten das Zeichen für ein gestrichenes Solo gibt, bei dem Spohn sich hin zur E-Avantgarde bewegt, um den Sound später mit Loops schweben zu lassen, während Plandé die Elektronik zu grellen Echos seines Tenorsaxophons nutzt. Das Trio steigert das Spiel mit verdichtender Intensität und wachsender Lautstärke, bis die Spannung sich schließlich mit der Wiederaufnahme des Themas in einem ruhigen Ausklang entlädt. Elektronische Einspielungen, schrille Lautfetzen, sonore Saxophonläufe und eine Percussion, bei der Arnold auch mal um das Schlagzeug herumwandert oder mit kräftigen Schlägen auf große Gongs Akzente setzt, sorgen für Überraschungen.

Das komplexe Spiel des Trios nimmt gefangen, ist als Hintergrundmusik wie viele Kompositionen aus dem Mainstream des Jazz völlig ungeeignet. Diesem packenden Jazz des Dieter-Arnold-Trios muss sich der Zuhörer hingeben, was die leider nur wenigen Zuhörer an diesen „Jazzcafé-Spezial“-Abend auch taten.

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