
Jazz Winter Darmstadt im Januar 2017
Das „dazz“ Festival schließt eine Lücke in der Jazz-Festivallandschaft zwischen Frankfurt und Karlsruhe, mit einer Initiative mehrerer Veranstalter und Spielstätten in Darmstadt. Drei der federführenden Organisatoren des neuen Festivals stellten ihr Konzept am 1.11. in der Centralstation Darmstadt vor: Meike Heinigk von der Centralstation, Arndt Weidler vom Jazzinstitut Darmstadt und Bernd Breitwieser, der Vertreter der Bessunger Knabenschule.
Nicht ganz einig sind sich die Organisatoren, was die Aussprache des Festivalnamens angeht: mit englischem Klang „dschäss“ oder doch eher mit dem lautmalenden Bezug zur Heimatstadt: „dazz“. Letztlich bleibt es – trotz einer zwischenzeitlichen Einigung auf eine hessische Zwischenvariante – offen. Wirklich erklärungsbedürftig ist die Wortschöpfung aus Stadt und Stil nicht.
Auf dem Programm des Festivals, das als „Jazz Winter Darmstadt“ angekündigt ist, und vom 13. bis 22. Januar stattfindet, stehen 17 Veranstaltungen, davon 15 Konzerte in neun Veranstaltungsstätten. Die Programmgestaltung ist ausgesprochen vielseitig und reicht von traditionellem bis zu zeitgenössischem Jazz. Mit Musikern der regionalen Szene (Partheil, Wuchner, Sternal) über nationale Größen (Kaufman, Lillinger, Gille, Burgwinkel, Sommer) bis hin zu internationalen Gästen.

Es kommt der gebürtige Katalane Renaud Garcia-Fons und spielt ein Bass-Solokonzert. Der Österreicher David Helbock reist mit seinem zurecht hochgelobten Trio an. Daneben ergänzen Ausstellungen das Programm. Im Jazzinstitut werden beispielsweise Fotos der Berliner Fotografin Ulla C. Binder präsentiert, unter dem Titel „Hinter den Kulissen“. Im Programmkino Rex ist eine Dokumentation über Günter „Baby“ Sommer zu sehen, mit Anwesenheit des portraitierten Künstlers. Und auch eine der, in den letzten Jahren sehr hip gewordenen, Veranstaltungen aus dem Bereich „Jazz für Kinder“ fehlt in Darmstadt nicht.
Arndt Weidler verdeutlichte die außerordentlich vielfältige Jazzszene Darmstadts – die im Jazzkalender des Jazzinstituts auch regelmäßig publiziert wird – bei der auf hohem Niveau pro Monat rund 25 Jazzveranstaltungen stattfinden, teilweise von Veranstalter mit hoher Kontinuität, über viele Jahre hinweg. Eine Anerkennung für diese kontinuierliche Arbeit ist der kürzlich verliehene Spielstättenpreis „Applaus“ für den Förderverein Jazz Darmstadt.
„dazz“ soll diese Fülle und Vielfalt gemeinsam nach Außen darstellen und damit gleichzeitig auch zu einer besseren Durchmischung des Publikums der verschiedenen Spielstätten beitragen. Die Grundkonstruktion – mit verschiedenen Spielstätten, die jeweils autark ein Konzert veranstalten – erinnert an das Enjoy Jazz Festival in der Metropolregion Rhein-Neckar. Dort wird dieser Ansatz bereits seit Jahren sehr erfolgreich praktiziert. Was dem jungen Festival in Darmstadt noch fehlt, ist ein Festivalpass. Allerdings soll es für Festivalbesucher jeweils einen Nachlass an den Abendkassen geben.
Bemerkenswert ist die stilistische Offenheit des „dazz“ Festivals. Wo findet man heutzutage noch ein frisch gegründetes Festival, bei dem auch Bands des traditionellen Jazz eingebunden sind? Hier zeigt sich auch die historische Entwicklung und feste Verankerung des Jazz in der Geschichte Darmstadts. Die Ausstellung „hot circle darmstadt – oder: wie der Jazz an den Woog kam“ dokumentiert einen dieser Aspekte mit einer vom Jazzinstitut zusammen gestellten Fotodokumentation in der Städtischen Galerie im Justus-Liebieg-Haus.
Der Zeitpunkt des Festivals ist wohl gewählt: die Herbstfestivals der Region sind lang genug vorüber (Enjoy Jazz, Deutsches Jazzfestival Frankfurt, Akut in Mainz), und auch der zeitliche Abstand zum nächsten etablierten Festival in der näheren Region – Just Music in Wiesbaden, Mitte Februar – scheint sinnvoll. Verglichen mit anderen mehrtägigen Festivals ist der Etat von „dazz“ bislang bescheiden: es ist von einem bislang 4-stelligen Betrag die Rede, angepeilt ist etwas mehr. Als Sponsoren unterstützen Volksbank und Sparkasse sowie die HEAG Kulturfreunde, Gespräche mit weiteren Unterstützern laufen.
Wie gut das Festival ankommt und ob es sich etabliert, wird sich zeigen. Angelegt ist es jedenfalls nicht als einmalige Veranstaltung, sondern mit festem Blick auf die kommenden Jahre. Langsames, organisches Wachstum nicht ausgeschlossen. Die Weichen für „dazz“ sind gestellt, das Programm ist attraktiv – sollte klappen.
Programm „dazz – Jazz Winter Darmstadt“
AUSSTELLUNGEN
Freitag, 13. bis Samstag, 21. Januar 2017
hot circle darmstadt – oder: wie der Jazz an den Woog kam
Freitag, 13. bis Freitag, 20. Januar 2017
Ulla C. Binder: Hinter den Kulissen
KONZERTE
Freitag, 13. Januar 2017
Uli Partheils Playtime feat. Peter Back & Ack van Rooyen
Samstag, 14. Januar 2017
Orson Hentschel & White Wine
Samstag, 14. Januar 2017
Mr. Jelly´s Jam Band
Samstag, 14. Januar
Jürgen Wuchner Quartett
Dienstag, 17. Januar 2017
Contrast Trio + 1 Quartett & David Helbock Trio
Mittwoch, 18. Januar 2017
Punto Jazz All-Stars
Mittwoch, 18. Januar 2017
Frischzelle Live: SMAF
Donnerstag, 19. Januar 2017
Als Mensch ein Solist (R: Jörg-Peter Bauer, D 2011-2014, 90 min)
Film & Konzert mit Günter „Baby“ Sommer
Freitag, 20. Januar 2017
Jonas Burgwinkel: SOLO
Freitag, 20. Januar 2017
JazzTalk 119 Achim Kaufmann & grünen
Gespräch und Konzert
Samstag, 21. Januar 2017
Sternal, Besson & Burgwinkel
Samstag, 21. Januar 2017
Skiffle Ramblers
Sonntag, 22. Januar 2017
JULIANEs WILDE BANDE
Sonntag, 22. Januar 2017
Sebastian Gille Quartett
Sonntag, 22. Januar 2017
Abschlussveranstaltung: Renaud García-Fons
VERANSTALTUNGSSTÄTTEN
Achteckiges Haus, Centralstation, Jazzinstitut Darmstadt, HoffArt Theater, Justus-Liebig-Haus, Kulturzentrum Bessunger Knabenschule, Oetinger Villa, Programmkino Rex, Stadtkirche Darmstadt und vinocentral
Weiter Informationen unter www.dazz-festival.de
Korrigiert am 2.11.:
Es heißt korrekt „Jazz Winter Darmstadt“ – Winterjazz gibt’s schon einige. Die Ausstellung „Hot Circle Darmstadt“ findet in der Städtischen Galerie im Justus-Liebig-Haus statt (nicht im Jazzinstitut. Der gute Garcia-Fons wurde fälschlicherweise zum Portugiesen gemacht. Er ist gebürtiger Katalane!