Das Pablo Held Trio in Nieder-Olm 16.11.2013

Pablo Held 2013 - Foto: Mümpfer

Text & Fotografie: Klaus Mümpfer

Pablo Held tupft sanft ein paar Akkorde auf den Tasten des Flügels. Dann folgt eine lange Linie von Single-Notes, während Bassist Robert Landfermann auf dem mächtigen Instrument einige Harmonien zupft und Schlagzeuger Jonas Burgwinkel leise mit den Besen über die Felle streicht. Später gewinnt das Triospiel am Intensität und Dynamik. Held hämmert Blockakkorde in die Tasten, Landfermann streicht den Bass mit Harmonien, die zwischen Swing, Klassik und freier Avantgarde angesiedelt sind. Das Schlagzeug pulsiert ohne festes Metrum. Die drei Musiker steigern sich im Verlauf der fast einstündigen Improvisation nahezu in ein Crescendo und fallen abrupt in lyrisch verträumte Interaktionen zurück. Das Trio hat in den Jahren eine unverwechselbare Klangsprache entwickelt. Sie ist höchst spannend und scheint doch unspektakulär zugleich.

So viele Ehrungen wie der kurz vor dem 27. Geburtstag stehende Pianist Pablo Held hat selten ein so junger  Jazzmusiker verbuchen dürfen. Wie er haben auch seine Begleiter in dem  seit 2005 bestehenden Trio Jazzpreise eingeheimst. In der Tat gibt es in der Szene nur wenige Formationen von dieser nahezu symbiotischen Dichte mit so traumhaft sicherem sowie sensiblem Zusammenspiel. Da lauscht der Schlagzeuger hingebungsvoll dem Pianisten, schwebt Burgwinkels rechter Zeigefinger über dem Becken und stößt genau zu dem Zeitpunkt zu, der als einziger logisch erscheint. Ein anderes Mal sitzt Held mit angehobenen Händen am Flügel, versenkt sich in den Basslauf Landfermanns und speist bruchlos sowie passend einen Akkord in das Solo ein.

Pablo Held Trio 2013 - Foto: Mümpfer

Das Publikum im Nieder-Olmer Ratssaal  lauscht in der intimen Atmosphäre des abgedunkelten Saales atemlos den ebenso waghalsigen wie spannenden Improvisationen des Trios. Immer wieder blitzen Zitate auf, werden kurz angespielt und sind dann die Grundlage für weitere musikalische Reisen. Das Trio beherrscht das, was der legendäre Posaunist Albert Mangelsdorff angesichts seines Solospiels treffend „spontanes Komponieren“ nannte. Sie alle haben Erfahrungen im freien Spiel gesammelt.

„Wir gehen offen und ohne abgesprochene Themen in das Konzert“, erläutert vor Beginn Pablo Held. „Keiner weiß, was daraus wird. Aber wir schöpfen aus einem Repertoire von fast 40 Kompositionen.“ So wird jeder Auftritt zu einem neuen Erlebnis. Es entsteht eine Musik voller Überraschungen, aber zusammengehalten von zwingender innerer Logik. Mal zupft der Bassist schnelle und straight marschierende Läufe, greift der Pianist kraftvoll Cluster und treibt der Schlagzeuger mit lautstarkem Rhythmusgeflecht seine Partner vor sich her. Später lässt Landfermann seinen Bass mit feinen Bogenstrichen auf den Rückseiten der Saiten knapp über dem Steg zwitschern oder kreist fast lautlos über dem Hals des Instruments. Held lässt lange Akkordreihen aus den Tasten des Flügels perlen oder die Bässe rollen. Schlagzeuger Burgwinkel stöhnt bei seinem pulsierenden Spiel hin und wieder lustvoll auf.

Das Spiel des Trios verlangt von den Zuhörern offene Ohren und Hingabe. Beides bringen die Zuhörer des Jazzkonzertes in der Festival-Reihe „Begegnungen“ der Musikschule Nieder-Olm mit. Kritiker sprechen zu Recht von einem Meilenstein des filigranen kammermusikalischen Jazz. Das Konzert des Trios gleicht einem Fluss mit einer ständig wechselnden Strömung, Stauungen und freiem Lauf. In der Zugabe fasziniert das Trio mit einer einfühlsamen Interpretation der Held-Komposition „Secreto“ von der brandneuen Trio-CD „Elders“.

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