Bassist Dieter Ilg gestaltete die erste Haller „Jazznight“

Dieter Ilg Trio - Photo: Kumpf

Munterer Musik-Marathon mit Verdi, Wagner und Beethoven

Erstmals luden der Jazzclub und das städtische Kulturbüro zu einer herbstlichen „Jazznight“ in die Hospitalkirche ein. Im Mittelpunkt stand der Freiburger Bassist Dieter Ilg, der sich akkurat swingend um Verdi, Wagner und Beethoven kümmerte.

Ein aufschlussreiches Künstlergespräch, zwei kurzweilige Konzerte und mittendrin Kulinarisches für den Gaumen – die erstmals in Schwäbisch Hall durchgeführte lange Jazznacht geriet inhaltlich zum vollen Erfolg und begeisterte das Publikum.

Zunächst fanden sich bereits um 18 Uhr über zwanzig Besucher in der der Hospitalkirche benachbarten Mensa des Goethe-Instituts ein, um Näheres über Dieter Ilg zu erfahren. Den 1961 in Offenburg geborenen Kontrabassisten konnte man in Schwäbisch Hall zuvor 2006 mit dem Saxophonisten Charlie Mariano und 2014 mit dem Trompeter Till Brönner erleben. Nun aber veranstaltete Ulrich Kriest, der für die Stuttgarter Zeitung schreibt, sozusagen ein Hörquiz mit dem in Freiburg lebenden Musiker – ihm wurden ohne jegliche Zusatzinformationen diverse Schallplattenaufnahmen vorgespielt.

Da kam heraus, dass Ilg den lange Zeit im Mittleren Neckarraum wohnenden „Cream“-Bassgitarristen Jack Bruce, der sowohl mit Miles Davis als auch mit Ringo Starr kooperierte, eigentlich nur vom Namen her kennt. Als E-Bassisten schätzt er dagegen die beiden Amerikaner Marcus Miller und Jaco Pastorius. Dieter Ilg verriet, dass er sich in seinen Teenager-Jahren regelmäßig seinen Instrumentalkollegen Eberhard Weber zusammen mit Wolfgang Dauner in sonntagmorgendlichen Fernsehsendungen bewundert habe.

Schließlich plauderte Dieter Ilg, der eine eigene Plattenfirma betreibt und sich selbst vermarktet, aus dem Nähkästchen – über die Mechanismen des Musikgeschäftes. Da ärgert ihn bei Printmedien die Koppelung redaktioneller Beiträge mit eingeforderten Werbeanzeigen und im Tonträger-Business das Herrschaftsgebaren der Bosse.

Anschließend konzertant eine ganz individuelle Note der vielfach strapazierten Kombination „Classic meets Jazz“. Das simple Schema „Original – Verjazzung – Original“ gilt bei Ilg ohnehin nicht: „Ich entnehme oftmals Akkordfortschreitungen, Instrumentallinien oder Bassläufe aus diesen Kompositionen und überführe sie in einen neuen musikalischen Kontext. Das macht es für den Rezipienten nicht unbedingt leicht, die Ursprungquelle zu bestimmen. Aber dieses Puzzle ist durchaus eine reizvolle Aufgabe.“

„Erkennen Sie die Melodie?“ hieß es zuerst bei zwei Opern – Giuseppe Verdis „Otello“ und Richard Wagners „Parsifal“. Schon bei dem eigentlich wuchtigen Chorstück „Fuoco di gioia“ ließ Ilg leicht und locker Lyrismen walten, kongenial unterstützt am Piano von Rainer Böhm (2010 mit dem Landesjazzpreis Baden-Württemberg ausgezeichnet) und von dem französischen Schlagwerker Patrice Heral. Die Titelnummer „Otello“ begann mit Bogen-Spiel des dominierenden Basses, leitete zu zarten Flageoletts über, wurde immer zupackender und führte dabei in südamerikanische Calypso-Gefilde, wobei sich Perkussionist Heral noch als verschmitzt agierender Vokalist betätigte.

Auch beim Bayreuther Bühnenweihfestspiel bewusst Filigranes anstatt Pathos. Da wurde eingangs auf den Becken das Viertonmotiv der „Glocken“ angeschlagen, um dann vom Kontrabass als Riff übernommen zu werden. Sehr sanglich hierzu das Klavierspiel von Rainer Böhm. Musikalische Magie im „Zaubergarten“: Auf dem Flügel filigran hingetupfte Töne im Diskant, differenziert und leise Sounds vom Drumset.

Im letzten Programmteil des Abends Ilgs „Mein Beethoven“. Nicht lange warten musste man da auf die „Ode“, wobei man den Schiller-Text von „Freude, schöner Götterfunke“ ohne Schwierigkeiten mitdenken konnte. Als zweite (phrenetisch herbeigeklatschte) Zugabe nochmals Sinfonisches im swingenden Jazzklaviertrioformat, nämlich das in sich kreisende Allegretto aus der Sinfonie Nr. 7 in A-Dur, op. 92. Dazwischen bereits originär Kammermusikalisches wie das Adagio der „Pathetique“ sowie die „Mondscheinsonate“ alias „Mond und Schein“. Bei den Klaviersonaten-Adaptionen zeigte sich Rainer Böhm als versierter Tastenkünstler, der die Metiers von Jazz und Klassik gleichermaßen virtuos zu bedienen vermag.

Zwischen den beiden Konzert-Teilen wurde Kulinarisches gereicht. Antivegetarier und Veganer durften sich da neben dem Ohrenschmaus noch lukullischen Genüssen hingeben. Wenn diese vorweihnachtliche Bescherungsaktion im Detail bekannt gewesen wäre, hätten sich bestimmt mehr Leute zum so genannten „Schwäbisch-Hällischen Triomarathon“ (Zitat aus der Webseite vom www.jazzclub-hall.de) eingefunden. Dieter Ilg freute sich über die Premiere, seine bereits auf CDs konservierten Projekte mit Musik von Verdi, Wagner und Beethoven allesamt an einem Abend präsentieren zu können. Der Jazzclub-Macher Dietmar Winter hatte eine derartige Kulmination schon seit geraumer Zeit auf der Agenda.

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