Frank Selten, Multi-Instrumentalist der Frankfurter Barrelhouse Jazzband, lobt Aurélie Tropez in den höchsten Tönen: „Sie ist eine fantastische Klarinettistin mit einem wunderbaren Ton.“ Selten hat nicht zu viel versprochen. Mit „Isle of Capri“ erinnert die junge Französin an die legendären Altmeister des traditionellen Jazz wie Bechet, Mezzrow oder Franc. Ihr zur Seite stehen beim umjubelten Konzert der Barrelhouse Jazz-Gala 2015 in der Nieder-Olmer-Eckes-Halle der britische Trompeter Enrico Tomasso und der amerikanische Posaunist Jiggs Whigham. Tomasso steigt in „Everybody loves my baby“ wie schon zuvor in „Sweet Georgia Brown“ mit scheinbarer Leichtigkeit in die höchsten Lagen und verweilt mit strahlendem und gleißendem Ton in den High-Notes. Bestechend sind seine lyrisch fließenden Linien, deren Emotionalität auch im Stakkatospiel nicht verloren geht. Geprägt ist Tomasso, so Tourneeleiter Dieter Nentwig, durch seine Begegnung mit Louis Armstrong anläßlich dessen Tour durch Großbritannien 1968/69. Jiggs Whigham seinerseits glänzt mit ausdrucksvollem, weichem und geschmeidigem Spiel vor allem im Duo mit der Barrelhouse-Bassistin Lindy Huppertsberg bei Isham Jones´ „It had to be you“ aus dem Jahr 1924. Sein souveränes Posaunenspiel mit der ausgeprägten Balance von traditioneller und moderner Stilistik, der melodischen Schlüssigkeit und der biegsamen Phrasierung wird vom Publikum gefeiert.
Vierter Gast der Frankfurter Barrelhouse Jazzband ist an diesem kurzweiligen Abend der Steel-Drummer Gregory Boyd aus Jamaica. Sein Spiel auf den „Pans“, diesen musikgewordenen Ölfässern aus Trinidad, gilt als innovativ, geprägt von einem ureigenen Klang. Boyd entwickelte eine ganz spezielle Art, auf den Steeldrums zu improvisieren und singt gleichzeitig seine Melodielinien mit. Spiel und Gesang sind lyrisch und kraftvoll zugleich, seine Bühnenpräsenz ist schlichtweg stark. Er spannt den Bogen von „Over in the Gloryland“ und „Pennies from Heaven“ bis zum treibenden, schnellen „Caledonia“.
Traditionell eröffnet die Barrelhouse Jazzband die Gala mit ihren Bearbeitungen von Jelly Roll Mortons Piano-Solos, dem „Ozark Mountain-Blues“ der Missourians aus 1929 und dem getragenen „How Long Blues“, den Count Basie mit seinem sparsamen Klavierspiel berühmt machte. Huppertsberg streicht den Kontrabass, Horst Schwarz dämpft seine Trompete zusätzlich mit einem Handtuch und Christof Sänger brilliert mit einem rasenden Solo, bei dem er die Tonfülle des Flügels voll auskostet. Michael Ehret hat Gelegenheit zu ausgedehnten Soloausflügen auf dem Schlagzeug.
Bandleader Reimer von Essen erläutert wie gewohnt unterhaltsam und lehrreich die Kompositionen.
Die Barrelhouse Jazzband ist nach Kritiker-Lob nicht nur ein Bewahrer der Traditionen des Jazz. Ihr gelingt auch, was selbst amerikanische Kollegen mit internationalem Ruf nur selten vermögen: der kreative Umgang mit einem Stil-Vokabular, das sich auf die Jazz-und Blues-Traditionen der letzten 100 Jahre bezieht. Das spüren auch die Zuhörer in der gut gefüllten Eckes-Halle. Sie belohnen die Frankfurter Musiker und ihre Gäste nach einem abschließenden Marsch durch den Saal stehend mit Ovationen.