Barrelhouse Jazz-Gala 2011 „New York meets New Orleans“ in Nieder-Olm, 22. Oktober 2011

Fotos und Text: Klaus Mümpfer

„It´s time for the Blues“, sagt Laura Fedele und singt „I´m tired of fattening frogs for snakes“. Ihre ausdrucksvolle und leicht raue Stimme voller Blues-Feeling, ihre Hände, die zunächst den Korpus des Flügels klopfen und dann die Akkorde schichten, haben schon vor 25 Jahren das Publikum beim Lahnsteiner Blues-Festival begeistert. Inzwischen ist die italienische Sängerin und Pianistin gereift, trifft mit warmer Stimme beim Jazz-Klassiker „What a difference a day makes“ den romantischen Charakter dieser Swing-Ballade und verleiht dem eher schlichten „Cheek to cheek“ eine persönliche Note. Laura Fedele, die ihre Stimme vibrieren, schreien und verrucht seufzen lassen kann, die auf dem Flügel den Blues hämmern oder die Ballade in Notenketten perlen lässt, ist der Höhepunkt der Barrelhouse-Gala 2011 in der nahezu ausverkauften Ludwig-Eckes-Halle von Nieder-Olm.  
Dies will was heißen, bei der „Stimm-Konkurrenz“ von Tanya Boutté, die zuvor gemeinsam mit der Frankfurter Barrelhouse Jazzband beweist, dass sie den Erfolg der musikalischen Familie mit ihrer Tante Lilian Boutté fortzuführen gedenkt. Das Publikum hört, dass die junge Sängerin Erfahrungen bei Gospel und Blues gesammelt hat. „You sing with me“, fordert sie ihre Publikum auf. Tanya Bouttés Stimme ist weich und rau zugleich, ihre Bühnepräsenz reißt die Fans mit. Doch Tanya geht es wie jungem, gutem Wein, der noch reifen muss, um seine volle Kraft zu entfalten. 


Laura Fedele

Gereift sind bereits die drei Bläser-Solisten aus Amerika, die die Gastgeber aus Frankfurt dieses Jahr mit auf Tour nehmen. „Stomping at the Savoy“, „Moten Blues“ oder das rhythmisch und harmonisch reizvolle „Caravan“ mit seiner orientalisch gefärbten Melodik sind Ohrwürmer in einem Programm, in dem der Trompeter Scotty Barnhart sich als Spezialist für gleißendes High-Note-Spiel erweist. Er schleift die Töne auf dem Instrument wie ein Gitarrist beim Bending die Saiten. Auf seiner „flumpet“ genannten Mischung aus Trompete und Flügelhorn interpretiert er mit der richtige Wärme, doch niemals zu glatt, die Ballade „Smile“, deren Thema der stilistisch sichere Barrelhouse-Pianist Christoph Sänger mit einer verspielten Intro vorstellt. Barnhart ist ein technisch virtuoser, aber auch ein wenig selbstverliebter Instrumentalist, bei dem die Einflüsse von Freddie Hubbard und Wynton Marsalis hörbar werden. 

Aus dem Umfeld von Marsalis kommt offensichtlich auch der Tenorsaxofonist Scott Hamilton, dessen warmen und singenden Linien die Soli prägen. Er ist ein Geschichtenerzähler mit schönen und rundem Ton sowie einwandfreier Phrasierung. Im Bund mit der Posaunistin Nancy McCracken, die in eines ihrer Soli ein ausgefallenes Stakkato einschiebt, faszinieren die drei Bläser vor der Rhythmusgruppe der Barrelhouse Jazzband vor allem im „Limehouse-Blues“mit kurzen Unisono- und mehrstimmigen Sätzen sowie ausgefeilter Dynamik. Traditionell ist der Kreislauf der ausgedehnten Soli. Die Musiker mit dem leichten Swing sind wie Barrelhouse Jazzband der Tradition verbunden – Retro, aber kein Revival.

Zum Beginn des Konzertes, in dem Barrelhouse-Leiter Reimer von Essen amüsant und unterhaltsam die Geschichte des frühen Jazz von New-Orleans bis zum New-Yorker Swing erzählt, stellt die renommierte Band ihre Verbindung von Swing und kreolischer Rhythmik in der Eigenkomposition „Creole Swing“ oder im populären „Martinique“ vor. Der Titel „Get rhythm in your feet and music in your soul“, sei Leitspruch für diese Gala, kommentiert von Essen, der kürzlich den hessischen Jazzpreis erhalten hat und dem der Jazzclub Rheinhessen bühnengerecht gratuliert. 

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