Abschied mit Swing: Das Landesjugendorchester bedankt sich bei seiner Betreuerin Marlies Dürr

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Text und Photos: Hans Kumpf

Konzert am 10. April im Gärtnerhaus von Schloss Weikersheim

Weikersheim/Tuttlingen. Kaum jemand kennt die Jazztalente Baden-Württemberg persönlich so gut wie Marie-Luise Dürr. Sie hegte und pflegte seit Beginn der 1980ern den Nachwuchs bei der Organisation des Wettbewerbs „Jugend jazzt“, und nun gibt sie auch das Amt der Managerin des Landesjugendjazzorchesters ab. Mehr als drei Jahrzehnte war Marlies Dürr, die zuvor in Stuttgart bei der Fachzeitschrift „Jazz Podium“ gearbeitet hatte, mit viel Herzblut für die ambitionierten Teenager und Twens da. Nach „ihrer“ letzten Arbeitsphase an der Musikakademie Schloss Weikersheim spielt ihr zu Ehren das Großensemble am Freitag, 10. April, um 19.30 Uhr im Gärtnerhaus unter der Leitung von Professor Klaus Graf, der für den regulären „Chef“ Professor Reiner Tempel einspringt, ein spezielles Abschiedskonzert. Als gratulierende und dankende Gäste kommen extra zwei weitere Professoren: Posaunist Jiggs Whigham und Saxophonist Bernd Konrad waren die ersten Dirigenten des inzwischen global agierenden Jugendjazzorchesters. Im Herbst des Jahres swingen die Schwaben und Badener im indischen Bangalore.

Das gerade aus der Taufe gehobene Jugendjazzorchester Baden-Württemberg hatte gerade ein paar Stunden existiert, als am Ende der zweiten Gesamtprobe aus berufenem Munde ein großes Lob kam. „Das ist ein sehr guter Anfang“, lobte da der Jazz-Professor Jiggs Whigham, der von Köln zur Musikakademie Trossingen angefahren war. Sicherlich wagte damals im April 1981 der amerikanische Posaunist kaum zu träumen, dass die südwestdeutschen Jazztalente noch eine überaus imposante Karriere machen sollten.

Mittlerweile unternahm nämlich die jugendliche Jazzelite des Musterländles mehrwöchige Tourneen in über 20 Länder Ost- und Westafrikas und konzertierte u.a. in Indonesien, Thailand, China, Russland, Malta, Litauen, Ecuador, den Philippinen und auch in Spanien und Frankreich. Schallplatten, Rundfunk- und Fernsehaufzeichnungen zeugen ebenfalls von der beeindruckenden Aktivität des Klangkörpers. 1979 wurde in Baden-Württemberg vom Landesmusikrat erstmals der Wettbewerb „Jugend jazzt“ durchgeführt, dessen Konsequenz auch die Gründung eines Landesjugendjazzorchesters war – nach dem Vorbild einer entsprechenden Einrichtung in Nordrhein-Westfalen. Der Saxophonist und Komponist Bernd Konrad war seit Anbeginn dabei, zunächst lediglich als Dozent der Saxophonisten, später dann als dirigierender Chef. Schon einige Jung-Jazzer-Generationen hat er mit Orchesterdisziplin und individueller Kreativität vertraut gemacht und ihnen somit den Weg ins heiß umkämpfte Profi-Lager geebnet.

JJO Foto: Kumpf

Dem Erfolg ging und geht harte Schufterei und viel Üben voraus. Zunächst müssen die hoffnungsfrohen Musikanten ein Vorspiel absolvieren und bestehen. Das Beherrschen des Instruments, das Vom-Blatt-Spiel, eine Improvisationsgabe und das „swing“-Gefühl sind hierfür nötige Voraussetzungen. Die Altersobergrenze wurde inzwischen von 21 auf 25 Jahre angehoben. Jeweils in den Oster- und Herbstferien findet eine einwöchige Arbeitsphase statt – vornehmlich auf Schloss Weikersheim an der Tauber.

Einstige Mitglieder des Jugendjazzorchesters Baden-Württemberg haben sich längst auf der nationalen und auch auf der internationalen Szene einen Namen gemacht. Zunächst seien da die professoralen Saxophonisten Steffen Schorn und Klaus Graf erwähnt. Auch der umtriebige Bassist Mini Schulz hat es zu einer ordentlichen Professur gebracht. Andere bedeutende Instrumentalisten sind beispielsweise die Brüder Gregor und Veit Hübner sowie Hubert und Ludwig Nuss, die Trompeter Michael Studnitzki, Ralf Hesse, Thorsten Wollmann, Claus Stötter, Achim Rothe, Axel Schlosser, Ingolf Burkhardt, die Saxophonbläser Libor Sima, Alexandra Lehmler, Magnus Mehl, Jochen Feucht, Carsten Netz, Peter Lehel, Katie Brien, Regina Büchner, die Pianisten Tobias Becker, Olivia Trummer…

Marie-Luise Dürr - Foto: Kumpf

Für Marie-Luise Dürr, die deren Karriere mit intensiv verfolgt hat, bleiben diese stets im Fokus. Die Freude ist bei diversen Wiedersehen auf beiden Seiten äußerst herzlich. Da vergisst „Marlies“ gerne etwaigen Ärger in der Vergangenheit, als manche Schützlinge sich mitunter zickig aufführten oder zuweilen nicht mit besonderer Zuverlässigkeit glänzten. Schwamm drüber – es zählt deren ausgreift gute Musik der Jetztzeit.

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