Text & Fotografie: Klaus Mümpfer
Sebastian Sternal sitzt konzentriert vor der Flügel, greift verspielt kurze Akkordfolgen, scheint versunken den Tönen nachzulauschen. „Strange Meadow Lark“ von Dave Brubeck beginnt mit einer Rubato-Einleitung ohne klare zeitliche Signatur. Die Zuhörer können die melodische und lyrische Komposition später nochmals in einem Arrangement der Klavierstudentin Swantje Rietz und im Duo mit der Altsaxophonistin Kerstin Haberecht genießen. Professor Sebastian Sternal und Studierende des Fachbereiches Jazz wollten beim Klavierforum „Remembering Dave Brubeck“ vor allem den Komponisten Brubeck vorstellen – auch wenn „Take Five“ ursprünglich aus der Feder des Brubeck-Saxophonisten Paul Desmond stammt und der Meister selbst allenfalls die Motive des Gemeinschaftswerkes zusammensetzte.
Dave Brubeck war einer der Pianisten außerhalb aller Piano-Schulen und zugleich einer der erfolgreichsten. Sein „Take Five“ ist – wie eine Zuhörerin im überfüllten „Roten Saal“ der Mainzer Musikhochschule ihrer Freundin gestand, „das erste und schönste Stück Jazz, da ich je gehört habe“. Die Komposition im Fünf-Viertel-Takt wurde bereits kurz nach der Veröffentlichung zum Million-Seller, obwohl das Album „Time Out“ 1959 als Experiment gedacht war und beim Erscheinen zunächst negative Kritiken bekam.
Brubeck sei eher ein klavierspielender Komponist als ein komponierender Pianist gewesen, erläuterte Sternal, der auch die Biografie der vor einem halben Jahr verstobenen Legende erzählte. Der Mann, der bei Darius Milhaud studierte, Klassik und Jazz vereinte, habe stets den Blick für das Ganze bewahrt. Er baute die Höhepunkte seiner Kompositionen über weite Strecken auf, um sie konsequent anzusteuern. Brubecks Faible fürs Melodische, Blockakkorde und Nutzung ungerader Takte konnten die Zuhörer bei den Interpretationen der studentischen Duos, Trios und Quartette um die Pianisten Jan-Felix May, Lukas Ruschitzka, Mathis Höller, Winfried Rimbach-Sator, Swantje Rietz und Nicolas Hering einprägsam nachvollziehen. Hin und wieder, wie in „Three to get ready“ nähert sich Brubeck mit freien Improvisationen gar der E-Aventgarde.
In den Tonhöhen fein abgestimmt wie einst beim Brubeck-Drummer Joe Morello trommelten die Schlagzeuger. Franz Stüber bläst in Take Five“ das Altsaxophon mit warmen und kantablen Linien wie Vorbild Desmond. „Three to get ready“ mit seinen mehrfachen Wechsel vom Drei-Viertel zum Vier-Viertel-Takt und den Breaks des Schlagzeugers Pit Marquardt, bewältigten die Studenten ebenso bravourös wie „Take Five“ in Fünf-Viertel mit der solide stützenden Bassistin Veronika Frisch, oder „Blue Rondo à la Turk“, das seinen Neun-Achtel-Groove aus der Folklore türkischer Straßenmusiker entlehnt. Alle Combos interpretieren die Kompositionen mit sensibel differenzierender Dynamik. Das Publikum belohnte die Leistung der Studierenden nach diesem gelungenen und außergewöhnlichen Konzert mit anhaltendem Applaus.