Text & Fotografie: Klaus Mümpfer
Percussion und ostinate Melodiekürzel sind nur zwei von vielen Wahrzeichen der Crossovergruppe „Re:Jazz“. Ob sie nun ihre originellen Fassungen von Kompositionen aus fremdem Federn wie „Gabrielle“ oder Eigenkompositionen wie „Windy City“ spielen, die zumeist ekstatische und groovende Spielweise macht die Musik der Gruppe um den Pianisten Matthias Vogt und den Bläser Oliver Leicht unverwechselbar. In ihrem typischen Sound finden sich Einflüsse von Jazz, Soul, Latin und Funk ebenso wieder wie Dubstep, House, Dancefloor oder Drum & Bass.
Das alles durften die Zuhörer im Rüsselsheimer Kulturzentrum „Rind“ bei der „Kaleidoscope Tour“ genießen und die Fans zeigen sich so begeistert, dass sie die Band nicht ohne Zugaben wie „At First Glance“ von der Bühne lassen. „Kaleidoskop“ ist eben ein Synonym für Vielfarbigkeit auch der Klänge.
Zuvor hat Oliver Leicht in „Release your Mind“ mit einem ausgiebigen Solo auf dem Tenorsaxophon die vielfältigen kreativen Improvisationsmöglichkeiten ausgekostet, die allein schon den Besuch gelohnt hätten und den Reiz einer möglichen Solo-Einspielung mit Saxophon und Klarinette samt Elektronik widerspiegelten.
Die Sängerin Mediha brilliert wie in vielen anderen Songs dieses Abends vom tänzerischen „Writing on the Wall“ bis zum zumeist gefühlvollen „Tears“, dem House-Klassiker von Fankie Knuckles, mit kraftvoller, expressiver und klarer Stimme. Spiritus Rector Matthias Vogt, der stets banddienlich an den Keyboards klangfördernd in die Tasten greift, fügt ein perlendes Zwischenspiel ein. Die Band erweist sich in den Eigenkompositionen inspiriert, doch ein wenig Verjazzen und Verfremden muss es schon geben.
„Was wäre ReJazz ohne Oliver Leicht“, fragt ein Zuschauer provokant. In der Tat ist der Musiker, der an diesem Abend zum Saxophon, der Querflöte und der Klarinette mit deren elektronischen Sounds von flächigen und schwebenden Klängen, den Loops und Echos bläst, der Sound bestimmende Solist – neben den stets präsenten und Rhythmus angebenden Volker Schmidt am Schlagzeug sowie Heiko Himmighoffen mit Percussion inklusive Kuhlocken und Hölzern.
Leichts flirrendes, überblasenes, mehrstimmiges und kraftvolles sowie durchdringendes Flötenspiel treibt die Band etwa in „Voodoo People“ von The Prodigy vor sich her, wie einst Ian Anderson „Jethro Tull“. In „Don´t push your luck“ mit der percussiven Einleitung zupft Gitarrist Jan Stürmer expressive Glissandi, den Squarepusher „lambic9Poetry“ verwandelt „Re:Jazz“ in ein funky Arrangement, ohne jedoch das melancholische Thema mit den Flageoletts des Bassisten Andreas Manns anzutasten. Während die Sängerin auf der Bühne tanzt oder expressiv ihre Stimme erklingen lässt, wiegt sich das Publikum im stuhllosen Saal des „Rind“ zum mitreißenden Rhythmus der Stücke von „Love will find you“ bis „Quiet Nights“ mit dem fulminanten Ruf-Antwort-Spiel der beiden Percussionisten. Zwischendurch trommeln diese in der Bearbeitung von „Gabrielle“ auf der hölzernen Cajun und einer Tonvase.